Nach Loveparade-Katastrophe Sauerland auch in der CDU unter Druck

Nach der Katastrophe bei der Loveparade mit 21 Toten gerät der Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) nun auch in der eigenen Partei zunehmend unter Druck. Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), legte Sauerland am Donnerstagabend im ZDF den Rücktritt nahe.

Adolf Sauerland: Schwere Zeiten für Duisburgs OB
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Bosbach erklärte in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner", dass Sauerland die politische Verantwortung trage und damit auch politisch für mögliche Fehler seiner Mitarbeiter "hafte". "Ob ich eine Verfügung unterschrieben habe oder nicht, ist völlig zweitrangig", sagte Bosbach in der Sendung "Maybrit Illner".

Sauerland hatte eine Mitschuld am tödlichen Ausgang der Loveparade von sich gewiesen und erklärt, er habe keine Genehmigung unterschrieben. Einen Rückritt lehnte Sauerland bisher ab.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, stimmte Bosbach in der Sendung zu: "Wo kommen wir überhaupt hin, wenn nicht 21 Tote Anlass dafür sind, politische Verantwortung zu übernehmen und zurückzutreten?" Sauerland sei seiner Aufgabe als Behördenleiter nicht gerecht geworden.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), hält Sauerlands Äußerungen für nicht akzeptabel. "Auflagenbescheide unterschreibt der OB nie selbst, aber sie werden in seinem Auftrag unterschrieben, und er hat als Chef der Stadtverwaltung die Verantwortung", sagte er der "Financial Times Deutschland". Die Loveparade "hätte nie und nimmer genehmigt werden dürfen". "Jeder Obsthändler, der in der Münchner Fußgängerzone einen Stand eröffnen will, muss mehr nachweisen", sagte Uhl nach der Prüfung des Auflagenbescheids.

Zugleich gab der CSU-Politiker auch der Polizeiführung eine Teilschuld. Die Polizeiführung habe die gesetzliche Pflicht, die Sicherheit zu gewährleisten. Wenn sie vor Ort feststellt, "dass Gefahr in Verzug ist, hätte sie die Veranstaltung abbrechen müssen", sagte Uhl. "Der Hauptfehler" liege aber bei Oberbürgermeister Sauerland.

Nach Ansicht des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, ist es wichtig, die Verantwortlichen für die Katastrophe "klar" zu benennen. Das sei "auch ein wichtiges Element für Menschen, die trauern", sagte er im Deutschlandradio Kultur am Vortag der offiziellen Trauerfeier in Duisburg für die Opfer der Loveparade. Dies müsse allerdings mit "der nötigen Sorgfalt und der nötigen Fairness geschehen".

Der Chef des Kulturhauptstadt-Projekts "Ruhr.2010", Fritz Pleitgen, warnte vor einer vorschnellen öffentlichen Abstrafung der Verantwortlichen für die Katastrophe. Er habe das Gefühl, "dass da jetzt so eine Jagd auf die Schuldigen ausbricht", sagte Pleitgen ebenfalls in der Sendung "Maybrit Illner". Dies sei auch für die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft "nicht unbedingt förderlich", weil die Betreffenden "dann eventuell zumachen, dann gar nichts mehr sagen".

Darüber hinaus gab Uhl auch der Polizeiführung eine Teilschuld. Es gebe keinen Raum, in dem die Polizei keine Verantwortung trage. "Die Polizeiführung hat die gesetzliche Pflicht, die Sicherheit zu gewährleisten. Wenn sie den Bescheid erst über den Umweg der Feuerwehr bekommen hat und vor Ort feststellt, dass Gefahr in Verzug ist, hätte sie die Veranstaltung abbrechen müssen", sagte Uhl. "Der Hauptfehler" liege aber bei Sauerland. Er müsse "das Begehren eines Kaufmanns bewerten, mit einer Veranstaltung mit möglichst wenig Auflagen viel Geld zu verdienen."

Auch Joseph Mayer, Anwalt für Verwaltungsrecht und einst Bürgermeister in Fulda, belastet Sauerland. "Jeder Sachbearbeiter unterschreibt in seinem Auftrag, auf dem Briefkopf steht: Der Oberbürgermeister", sagte Mayer der Zeitung. Dass Sauerland einen Rücktritt ab lehnt, weil er während laufender Ermittlungen "kein Schuldeingeständnis" abgeben will, nennt Mayer "Unsinn". Ein Rücktritt sei "nichts anderes als eine politische Geste".

Gegenwind auch aus Reihen der Bevölkerung

Wie unsere Redaktion berichtete, weht Sauerland aber nicht nur aus politischen Kreisen der Wind ins Gesicht: Eine Bürgerinitiative will den Oberbürgermeister zum Rücktritt zwingen. Zuvor hatten mehrere hundert Bürger vor dem Rathaus schon lautstark die Demission Sauerlands gefordert.

Bei der Massenpanik auf der Loveparade waren am vergangenen Samstag 21 Menschen getötet und mehr als 500 verletzt worden. Zu der Trauerfeier für die Opfer werden an diesem Samstag in der Duisburger Salvatorkirche auch Bundespräsident Christian Wulff und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet.

(AFP/DDP/felt)
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