Duisburg Rückblick statt Rückkehr

Duisburg · Der 50. Jahrestag des Anwerbeabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei war Anlass für eine gelungene Veranstaltung mit wissenschaftlichem Hintergrund und lebendigen Zeitzeugenberichten.

 Der Wirtschaftshistoriker Prof. Dr. Wessel, der früher das

Der Wirtschaftshistoriker Prof. Dr. Wessel, der früher das

Foto: andreas probst

hüttenheim Mit einer gelungenen Festveranstaltung anlässlich des 50. Jahrestages des "Anwerbeabkommens" zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei würdigten die Hüttenwerke Krupp Mannesmann dieses historische Datum. Zahlreiche Gäste, unter ihnen auch der Türkische Generalkonsul Firat Sunel, hatten sich in der Hüttenschenke eingefunden, um mit Zeitzeugen Rückblick zu halten.

Arbeitsdirektor Peter Gasse begrüßte die Anwesenden, überließ es aber Ünsal Baser, einem Mitglied der Jugendvertretung von HKM, zur Eröffnung des Abends einige Worte an die Gäste zu richten. Der Sprecher der Jugendvertretung, selbst der nun bereits dritten Einwanderungsgeneration angehörend, sprach direkt Klartext: "Durch die eigentlich geplante Rückkehr der türkischen Arbeitskräfte gab es lange Zeit keine erkennbare Strategie zur Integration. Die Versäumnisse sind bis heute spürbar." Von den Vorbehalten, wie sie aus vergangenen Zeiten noch bekannt sind, spüre man aber heute am Arbeitsplatz nichts mehr: "Nationalität und Religion sind bei HKM kein Thema." Anschließend hielt Prof. Dr. Horst A. Wessel, der an der Universität Düsseldorf Wirtschaftsgeschichte lehrt und früher das Mannesmann-Firmenarchiv leitete, ein kurzweiliges Referat, in dem er die Situation in Deutschland zu Beginn der sechziger Jahre beschrieb: Deutschlands Wirtschaft habe damals einen unglaublichen Boom erlebt; zusätzliche Arbeitskräfte wurden dringend benötigt. Gesucht wurde Leute für schwere und schmutzige Arbeit. Nach der Rückkehr der "Gastarbeiter" aus Deutschland erhofften sich türkische Unternehmen, von den gut ausgebildeten Arbeitskräften profitieren zu können." Das sei auch der Grund gewesen, so Prof. Wessel, dass die Türkei auf eine Rotation der Arbeitskräfte bestand. "Aber schnell merkten die deutschen Unternehmen, dass es nicht sehr effektiv war, gut ausgebildete Arbeitskräfte zurückkehren zu lassen und ständig wieder neue Arbeiter ausbilden zu müssen. Die türkischen Arbeiter blieben hier und holten dann verständlicherweise ihre Familien nach.

In der Diskussionsrunde erinnerten sich Zeitzeugen an die ersten Jahre nach dem Inkrafttreten des Anwerbeabkommens. Mit Serdar Bozkurt und Hasan Özen saßen zwei türkische Arbeitnehmer am Tisch, die von den schwierigen Bedingungen damals zu berichten wussten. Serdar Bozkurt erinnerte sich: "Wir wurden damals in einen Zug gesetzt, der uns drei Tage quer durch Europa nach Duisburg brachte." Hasan Özen, Träger des großen Verdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland, berichtete von den schwierigen Bedingungen in den Ledigenwohnheimen: Sechs Arbeiter lebten da in einem kleinen Zimmer...

(RP)
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