Duisburg/ Gelsenkirchen Rocker-Begräbnis kostet 600.000 Euro

Duisburg/ Gelsenkirchen · In Gelsenkirchen wurde am Samstag ein getötetes Mitglied der Motorrad-Gang Bandidos zu Grabe getragen. Rund 1500 Rocker nahmen Abschied. Sechs Hundertschaften der Bereitschaftspolizei bewachten die Machtdemonstration der Kutten-Träger.

1000 Rocker bei Beerdigung von Mordopfer
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Die Predigt wird über einen Lautsprecher auf den Platz vor der Trauerhalle übertragen. "Christus spricht: Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken", sagt Diakon Hinrich Kempkens. Die meisten Kutten-Träger blicken stumm zu Boden. Ein Vermummter, der an seiner Harley-Davidson lehnt, zündet sich eine Zigarette an.

Der Friedhof in Gelsenkirchen-Buer hat sich in einen Motorrad-Parkplatz verwandelt. Viele Rocker tragen bedruckte T-Shirts. "In Memory of Bandido Eschli" steht darauf. Ein großes Bild des Toten hängt über dem Eingang zur Trauerhalle.

Vor zwölf Tagen war der 32-Jährige vor dem Clubheim der Bandidos im Duisburger Rotlichtviertel erschossen worden. Er hatte dem Täter, einem Profi-Kampfsportler, der Anhänger der Hells Angels sein soll, die Freundin ausgespannt. Bandidos und Hells Angels liefern sich seit Jahren einen blutigen, oft tödlichen Bandenkrieg. Die Polizei befürchtet, dass die Auseinandersetzung nach dem jüngsten Mord erneut eskaliert.

Die Bandidos machen die Beisetzung zu einer Machtdemonstration. Mitglieder aus ganz Europa sind in einem Korso mit 600 Maschinen zum Friedhof gekommen. Sechs Hundertschaften der Polizei regeln den Verkehr und halten sich am Rande der Trauerfeier bereit. 600 000 Euro kostet der Einsatz, heißt es in Polizei-Gewerkschaftskreisen. Viele Beamte schütteln darüber den Kopf. "Wie kann man so einen Irrsinn bloß genehmigen?", fragt sich ein Kommissar aus Bielefeld.

Die Rocker verhalten sich friedlich. Ein Freund des Toten hält die Trauerrede. Es gehe nicht um Wut und Zorn, sondern um Ehre und Stolz. "Wir werden dich nie vergessen, dich immer in unserem Herzen tragen", sagt der Vertraute. "Wir werden deine Verdienste auf der ganzen Welt erzählen. Du bist Bandido forever."

Nach der Ansprache wird Musik gespielt. "Nur die Besten sterben jung", von den Böhsen Onkelz dröhnt über den Friedhof. Einige Trauergäste schluchzen. Es folgen "Holding Out for a Hero" von Bonnie Tyler und "It's a Man's World" von James Brown.

Der Sarg des Rockers ist mit einer Bandido-Fahne geschmückt. Daneben steht das schwarze Motorrad des Getöteten. Sein Helm liegt auf der Sitzbank. Unter den zahlreichen Kränzen fällt ein blau-weißer auf. "Der Tod trennt — der Tod vereint", steht auf der Schleife. "Für immer Schalke 04. In stillem Gedenken Ultras Gelsenkirchen." Eschli war auch bei den Hooligans "Gelsenszene" aktiv.

Der Sarg wird schließlich von der Führungsriege der Bandidos zum Grab gerollt. Nach der Beisetzung treffen sich die Bandidos zum "Leichenschmaus" in einer Diskothek. Im "Venetian" gibt es Bier, Streuselkuchen und Bockwurst. Jetzt geben die Rocker unmissverständlich zu verstehen, dass sie unter sich sein wollen. Wird es einen Racheakt geben? "Keine Auskünfte", sagt ein Bandido aus Oberhausen. Man wisse nicht, was komme, sei aber auf alles vorbereitet.

Ein Ehrenkodex legt fest, dass am Tag der Beerdigung eines Clubmitglieds Frieden zwischen verfeindeten Clubs herrscht. Bandidos und Hells Angels sind stark hierarchisch strukturiert. Aussteiger müssen dem Club angeblich ihre Harley-Davidson überlassen, sonst droht ihnen Vergeltung.

Das Landeskriminalamt (LKA) in Nordrhein-Westfalen hat Bandidos und Hells Angels schon lange im Visier. Viele Mitglieder arbeiten in der Türsteher-Szene. Sie gelten als gewaltbereit und stehen im Verdacht, organisierte Kriminalität zu betreiben. Vorwiegend wird wegen Drogenhandel, Prostitution und Menschenhandel gegen die Motorradclubs ermittelt.

(RP)
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