Auswirkungen des Rhein-Niedrigwassers Benzin wird knapp, Unterricht fällt aus, Chemiekonzern drosselt Produktion

Duisburg/Emmerich · Entlang des Rheins in Nordrhein-Westfalen werden fast täglich Rekordtiefstwerte aufgestellt. In Emmerich könnte er diese Woche trotz Regen auf unter zehn Zentimeter sinken. In Nonnenwerth bei Bonn fällt der Unterricht wegen des Niedrigwassers bis aus Weiteres aus.

Altes Schiffswrack taucht im Rhein bei Kleve auf
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Foto: KANNDU.de)

Der Wasserstand des Rheins ist auf einem Rekordtiefstwert - und das bleibt auch erstmal so. „Die Pegelstände werden sich auf dem derzeitigen Level halten“, sagte Jan Böhme, der Hydrologe des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Duisburg-Rhein, am Montag.

Zwar sei für diese Woche gebietsweise Regen zu erwarten, sodass der Wasserstand zwischendurch mal um zwei bis drei Zentimeter steigen könne. Das werde aber keine nachhaltige Wirkung haben, weil die Regenmengen dafür nicht ausreichten. Der Pegelstand des Rheins bei Duisburg betrug Montagvormittag 156 und in Köln 70 Zentimeter.

Wie aus den Prognosen des Elektronischen Wasserstraßen-Informationsservices (ELWIS) bereits am Sonntag hervorgeht, wird der Pegelstand des Rheins in Emmerich nahe der niederländischen Grenze am Montag auf unter zehn Zentimeter sinken und den bisherigen Rekordtiefstwert noch einmal um mehrere Zentimeter unterbieten.

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Foto: Andrea Röhrig

Der Pegelstand ist nicht zu verwechseln mit der Fahrrinnentiefe. Diese wird in Emmerich bei rund zwei Metern liegen. Auch für Düsseldorf und Köln werden Rekordtiefstwerte erwartet in den kommenden Tagen.

Besserung ist nicht in Sicht: Meteorologin Ines Wiegand vom Deutschen Wetterdienst in Essen prognostiziert weiterhin eher schlechte Aussichten für den trockenen Rhein. „Wenn es überhaupt regnet, sind das Mengen, die dem Rhein nicht helfen.“ Die besten Chancen auf Niederschlag habe noch der Niederrhein in den kommenden Tagen - allerdings höchstens drei Liter pro Quadratmeter bis Ende der Woche. Im gesamten Bundesland sagt die Meteorologin die höchste Niederschlagsmenge für Ostwestfalen voraus - mit rund zehn Litern pro Quadratmeter bis Freitag.

Durch die seit Monaten anhaltende Trockenheit führt der Rhein an einigen Stellen so wenig Wasser wie noch nie zuvor gemessen.

Das hat in vielen Bereichen Konsequenzen: Die Schüler des privaten Franziskus-Gymnasiums auf der Rheininsel Nonnenwerth bei Bonn müssen erstmals wegen Niedrigwassers des Rheins auf Englisch, Deutsch und Mathe verzichten. Die Herbstferien verlängern sich.

Die schuleigenen Fähren, die die Insel von beiden Seiten anfahren, könnten derzeit wegen des extremen Niedrigwassers die rund 600 Schüler und 60 Lehrer nicht transportieren, bestätigte das Mitglied der Schulleitung, Manfred Müller, am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

"Unter Umständen kann sich der Unterrichtsausfall auch noch länger hinziehen, bis dass es im Süden regnet und die Wasserpegel wieder steigen", schrieb Schulleiterin Andrea Monreal in einer Mitteilung für Eltern und Schüler. Für Montag und Dienstag erhielten die Schüler zunächst per Mail Aufgaben zugestellt, so Müller. Am Dienstag wollen Schulleitung und Schulaufsicht entscheiden, wie es weiter geht.

Auch auf Autofahrer hatte das Niedrigwasser Auswirkungen, zumindest für wenige Stunden. Wegen des niedrigen Pegels des Rheins bekamen Autofahrer unter der Woche an einem halben Dutzend Tankstellen in Nordrhein-Westfalen zeitweise keinen Sprit mehr. Dies könnte sich in den kommenden Tagen wiederholen.

Unternehmen leiden ebenfalls unter dem Niedrigwasser in deutschen Flüssen. Sie müssen mehr Geld zahlen für die Versorgung ihrer Werke und für den Transport von Gütern. Frachter können nicht mehr so schwer beladen werden wie zuvor, da sie sonst auf dem Untergrund auflaufen könnten. Am Rhein dürften manche Schiffe nur etwa ein Drittel der üblichen Ladung transportieren, sagte Roberto Spranzi von der Deutschen Transport-Genossenschaft Binnenschifffahrt. Die Preise je beladener Tonne hätten sich etwa vervierfacht durch die hohe Nachfrage nach zusätzlichen Frachtern.

Um die geringere Ladungsmenge auszugleichen, fahren mehr Schiffe auf dem längsten Fluss Deutschlands. „Alles, was schwimmen kann fährt momentan“, sagt Spranzi. Der Industriekonzern Thyssenkrupp musste zusätzliche Schiffe mieten, die zwischen Rotterdam und Duisburg verkehren. Auch der Kölner Spezialchemiehersteller Lanxess nutzt mehr Frachter als sonst. Der Chemiekonzern BASF in Ludwigshafen musste wegen des extremen Niedrigwassers die Produktion drosseln. Im Leverkusener Chempark und beim Chemiekonzern Lanxess werden Lieferungen auf Straße und Schiene umgelagert.

Der Schrotthandel beklagt deutlich höhere Kosten. Laut der Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen haben sich die Frachtkosten auf Rhein, Main und Neckar auf bis zu 40 Euro pro Tonne vervierfacht.

Bei der Energieversorgung sind indes noch keine großen Folgen erkennbar. Die Kohlelager seien noch ausreichend befüllt, heißt es vom Versorger EnBW. Bei RWE darf das Steinkohlekraftwerk in Hamm nicht mit vollen Frachtern beliefert werden.

(felt/see/dpa/kna)
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