Rp-Thema Opernscouts Respekt vor dem historischen Stoff

Duisburg · Die Opernscouts der Rheinischen Post und der Rheinoper besuchten eine Don-Carlo-Vorstellung im Duisburger Stadttheater. Bühnenbild und Musik fanden einhellig Beifall; die Inszenierung gefiel nicht allen.

 Alle Opernscouts legten ein besonderes Augenmerk auf das Bühnenbild von Alfons Flores, das sich in seiner Oberflächenstruktur am Palazzo de Diamanti in Ferrara orientiert.

Alle Opernscouts legten ein besonderes Augenmerk auf das Bühnenbild von Alfons Flores, das sich in seiner Oberflächenstruktur am Palazzo de Diamanti in Ferrara orientiert.

Foto: Hans Jörg Michel

Don Carlo, Infant von Spanien, ist gefangen in seinen Gefühlen zu Elisabetta di Valois. Er sollte die Prinzessin von Frankreich heiraten, um den Frieden zwischen den Weltmächten zu sichern, und beide verliebten sich ineinander. Doch aus Gründen der Staatsräson wurde die junge Frau nicht mit dem Thronfolger, sondern mit seinem Vater, König Filippo II., verheiratet. - Don Carlos Geliebte ist seine Stiefmutter geworden. Die wahren Gefühle sind tabu, stattdessen greifen Enttäuschung und Misstrauen um sich. Dieses Familiendrama allein bietet schon allerhand Stoff für eine packende Oper. Doch wie das gleichnamige Schauspiel von Friedrich Schiller ist Giuseppe Verdis Oper "Don Carlo" auch ein politisches Drama, in dem die Ideen der Aufklärung auf die Macht von Kirche und Staat prallen. In der Inszenierung des flämischen Regisseurs Guy Joosten ist "Don Carlo" bis zum 1. Juli im Theater Duisburg zu sehen. Fünf Opernscouts haben die Premiere unter der musikalischen Leitung von Lukas Beikircher erlebt und schildern ihre persönlichen Eindrücke.

Jessica Gerhold hatte zunächst großen Respekt vor dem historischen Stoff der Oper und bis zur Pause fiel es ihr tatsächlich nicht leicht, in die Handlung hineinzufinden: "Ein schweres Stück, das bespickt ist mit allen erdenklichen Konflikten, die eine Oper groß werden lassen: Eine historische Figur, Kirche und Staatsoberhäupter im Machtkampf, verbotene Liebe und Leidenschaft, Familienverstrickungen, die Sehnsucht nach Freiheit und Selbstbestimmung." Spannende Themen, aber richtig gepackt habe sie erst der zweite Teil nach der Pause, als sich die persönlichen Konflikte der Hauptfiguren immer stärker zuspitzten und auch emotional berührten. Dass die über dreistündige Oper Geduld fordert, weiß auch Kathrin Pilger. Ihr gefielen das Stück und Inszenierung ausgesprochen gut: "Das war hochdramatisch. Besonders die verzweifelte Liebe zwischen den beiden jungen Menschen war glaubwürdig und überzeugend dargestellt." Das fand auch Heike Stehr: "Obwohl sich Elisabetta und Don Carlo stark zurücknehmen mussten, haben mich ihre Gefühle zueinander und die Zwänge, denen sie sich unterwerfen müssen, sehr berührt."

 Jessica Gerhold

Jessica Gerhold

Foto: Crei

Alle Opernscouts legten ein besonderes Augenmerk auf das Bühnenbild von Alfons Flores, das sich in seiner Oberflächenstruktur am Palazzo de Diamanti in Ferrara orientiert. Mit bronze schimmernden, massiv wirkenden und dennoch transparenten Wänden war die Bühne mal Palast, mal Gefängnis oder Grabkammer. Ein goldenes Bett stand für einen intimen Rückzugsort, in dem man niemals ungestört sein konnte. Martin Breil faszinierte die Wandlungsfähigkeit des Bühnenbildes: "Dass die Wände Ohren haben, die Protagonisten ständig belauscht und belauert werden und wie in einem goldenen Käfig sitzen, kam gut zur Geltung." Auch Heike Stehr war fasziniert: "Als optischer Typ, der selbst gern malt, haben mich die Lichtwechsel und Schattenspiele in dem sich ständig verändernden Raum total fasziniert. Da hätte ich noch stundenlang zuschauen können."

 Dr. Kathrin Pilger

Dr. Kathrin Pilger

Foto: Christoph Reichwein
 Heike Stehr

Heike Stehr

Foto: Christoph Reichwein
 Martin Breil

Martin Breil

Foto: Christoph Reichwein
 Christoph Grätz

Christoph Grätz

Foto: Christoph Reichwein

In dieser Umgebung sei der politische Gegensatz zwischen Staat und Kirche - den beiden Machtpolen im Stück - gut sichtbar geworden, meinte Christoph Grätz, der das Bühnenbild interessant fand, die Inszenierung allerdings zu statisch fand: "Da waren tolle Stimmen zu hören, aber zu dieser dramatischen Musik und Handlung hätte ich mir mehr Bewegung und Körperlichkeit gewünscht." Martin Breil ergänzt: "Am Anfang wirkt die Oper sehr statisch und wenig handlungsbetont. Aber Verdi versteht es, die Gefühle und Emotionen der verschiedenen Individuen mit ihren Ängsten und Nöten musikalisch derart treffend zum Ausdruck zu bringen, dass es für ihn keines großen Bühnenspektakels bedarf, um sein Publikum zu fesseln." Für ihn stand am Premierenabend der musikalische Eindruck eindeutig im Vordergrund. "Das gesamte Ensemble und die Duisburger Philharmoniker bewiesen an diesem Abend wieder einmal große Klasse."

(tb)
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