Duisburg Präses Nikolaus Schneider findet die richtigen Worte

Duisburg · Der rheinische Präses ruft zu einer Weiterentwicklung des Toleranzgedankens in Kirche und Gesellschaft auf.

 Pfarrer Armin Schneider, Präses Nikolaus Schneider und Pfarrer Stephan Blank (v.l.) lauschen Thomas Hammerschmidt an der Trompete.

Pfarrer Armin Schneider, Präses Nikolaus Schneider und Pfarrer Stephan Blank (v.l.) lauschen Thomas Hammerschmidt an der Trompete.

Foto: Andreas Probst

Wenn der Evangelische Kirchenkreis zum Neujahrsempfang einlädt, wird es eng auf den Bänken der Salvatorkirche. Jetzt kamen sogar noch mehr Gäste als gewöhnlich, denn Festredner war diesmal Nikolaus Schneider, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland und Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Seine Rede mit dem Titel "Schatten der Reformation – der lange Weg zur Toleranz" begann er mit einer historischen Betrachtung des lutheranischen Verständnisses von Toleranz. Dabei machte er deutlich, dass in der Reformationszeit so etwas wie ein interkonfessionelles Miteinander undenkbar war. "Diese Zeit war vor allem durch Intoleranz und gegenseitige Schmähungen geprägt", so der Präses. "Der wichtigste historische Schritt zum gegenseitigen Verständnis war der Westfälische Friede am Ende des 30-jährigen Krieges. In den Toleranzartikeln wurden dort Grundlagen gelegt, die bis heute nachwirken." An dieser Stelle sei deutlich geworden, dass die Reformation Schatten auf die Kirchengeschichte geworfen hatte. Aus diesem Grund sei es unumgänglich, sich anlässlich der Reformationsdekade mit dem Thema auseinanderzusetzen, so Schneider.

Wichtig sei es vor allem, aus der Intoleranz früherer Generationen zu lernen. 2013 will die evangelische Kirche deshalb der Frage nachgehen, was der Begriff Toleranz bedeutet und in welchem Verhältnis er zu Religion und Konfession steht. Seine Auffassung vom Toleranzbegriff machte Schneider an einem Goethe-Zitat deutlich. "Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: Sie muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen", erklärte der Dichter in seinem Nachlass. Schneider leitete daraus ab, dass Toleranz nur eine Station auf dem Weg zur Akzeptanz sei, die es anzustreben gelte. "Daraus ergeben sich Aufgaben für unser heutiges Leben", folgerte er. "Gerade in einer Stadt wie Duisburg ist es wichtig, jeden an der Gesellschaft teilhaben zu lassen, denn Ausgeschlossenheit befördert Intoleranz." Man müsse wegkommen von der Duldung, hin zur Integration, vom Nebeneinander zum Miteinander. Das Ende der Rede ging im tosenden Applaus unter.

"Ich bin tief bewegt", sagte Maria Zebo. "Herr Schneider hat wahre Dinge angesprochen. Wenn wir uns alle etwas danach richten, dann sieht die Welt schon freundlicher aus." Ähnlich beeindruckt war Wilhelm Ursbach. "Ich bin fassungslos, wenn ich sehe, wie die Menschen heute miteinander umgehen. Aus der Geschichte haben offenbar nur wenige gelernt. Der Präses hat die richtigen Worte gefunden."

(th)
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