Loveparade-Katastrophe in Duisburg Opfer und Angehörige empfinden Anklage als Erleichterung

Duisburg · Der Anwalt Professor Julius Reiter und seine Mandanten erhoffen sich von der Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft nach der Loveparade-Katastrophe 2010, dass eine mehr als dreijährige "Hängepartie" ein Ende hat. Gleichzeitig zeigt sich Reiter irritiert über die Liste der Angeklagten.

Loveparade-Katastrophe in Duisburg: Opfer und Angehörige empfinden Anklage als Erleichterung
Foto: dpa

In einer Pressemitteilung fasst Julius Reiter von der Düsseldorfer Kanzlei "Baum, Reiter & Collegen" die Stimmungslage der Opfer und Hinterbliebenen der Loveparade-Katastrophe zusammen. 2010 waren bei der Musikveranstaltung in Duisburg in einem Gedränge 21 Menschen gestorben. Wörtlich schreibt Reiter: "Die Erhebung der Anklage durch die Staatsanwaltschaft Duisburg ist eine Erleichterung für die Opfer und Hinterbliebenen, weil die Hängepartie nach dreieinhalb Jahren endlich beendet wird. Die Opfer erwarten nun, dass das Hauptverfahren zügig eröffnet wird." Experten rechnen jedoch nicht mit einem Prozessbeginn vor 2015.

Unter die Erleichterung mischt sich bei den Opfern laut Reiter aber auch Zweifel. Viele der Opfer, die noch heute mit den Folgen der Katastrophe kämpfen, haben lange Zeit auf eine Aufklärung des gesamten Sachverhaltes gehofft. Zwar würde in dem kommenden Verfahren die Schuld einzelner Personen untersucht, inwiefern es aber eine "Feststellung der Verantwortlichkeiten der Institutionen, also Veranstalter, Stadt und Polizei" geben wird, ist fraglich. Laut Professor Julius Reiter, sei es den Opfern schwer zu vermitteln, wenn diese Feststellung nicht erfolge. Ähnlich äußerte sich auch Jürgen Widera Ombudsmann der Stadt Duisburg für die Opfer der Loveparade: "Wenn es so ausgeht, dass von den Verantwortlichen nur Sachbearbeiter übrig bleiben, wird das bei den Betroffenen und Hinterbliebenen für Aufregung sorgen."

Loveparade-Unglück 2010 - Bilder der Zugangsrampe
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Die Zugangsrampe - der Unglücksort

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Auf der Anklagebank werden weder Rainer Schaller, Chef der Veranstaltergesellschaft "Lopavent", noch Polizeibeamte sitzen. "Ich bin irritiert, dass die Polizei nicht unter den Angeklagten sein soll, weil ich ein deutliches Organisationsverschulden sehe", erklärte Julius Reiter gegenüber unserer Redaktion. Er sieht bei der Polizei mindestens den Tatbestand der Fahrlässigkeit erfüllt. Über Rainer Schaller sagt Reiter: "Gerade durch das Still-Gutachten sehe ich Schaller nicht entlastet." Der Massendynamik-Experte Keith Still hatte ein Gutachten erstellt, dass die Besucherströme bei der Loveparade analysiert. Er kam zu dem Ergebnis: Wenn man Menschen in entgegengesetzter Richtung durch so ein Nadelöhr wie den Tunnel vor dem Veranstaltungsgelände führe, müsse es in einer Katastrophe enden.

Neben der Reaktion der Opfer und des Anwaltes Julius Reiter, finden sich auch in den sozialen Netzwerken Reaktionen zu der Anklageerhebung durch die Staatanwaltschaft. Der DJ Dr. Motte, Erfinder und langjähriger Schutzherr der Loveparade, schrieb auf seiner Facebook-Seite zum Beispiel: "Endlich geht es los!"

Wir haben einige Reaktionen zusammengefasst:

(ac)
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