Duisburg Ombudsmänner übersetzen Amtsdeutsch

Duisburg · Rund 120.000 Bescheide erstellt das Duisburger Jobcenter pro Jahr. Im ersten Halbjahr dieses Jahres legten Betroffene 2555 Widersprüche ein. Duisburger Ombudsmänner sind ein Vorbild für andere Städte.

Zufrieden sind wohl die Wenigsten. Wer seinen Lebensunterhalt vom Jobcenter bekommt — also Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II), im Volksmund "Hartz IV" genannt — der hat schnell Probleme mit dem Auskommen beim Einkommen. "In Duisburg bekommen rund 60.000 Menschen SGB II-Leistungen", rechnet Norbert Maul vor. Der Geschäftsführer des Duisburger Jobcenters weiß, dass die Bescheide in der Regel sechs Monate gültig sind, also ergehen etwa 120.000 Bescheide im Jahr. Angesichts von 5000 Widersprüchen pro Jahr könne man mit der Beanstandungsquote ganz zufrieden sein, findet er. Einiges vom Unmut der Kunden landet bei Peter Niedermair (69) und Gerd Kalusche (66). Die beiden Ombudsmänner haben viele Jahre bei der Arbeitsagentur gearbeitet. Sie sind unabhängig vom Jobcenter und versuchen, bei Ärger zwischen Kunden und Behörde zu vermitteln.

"Wer sich von seinem Sachbearbeiter nicht richtig behandelt fühlt, kann sich an den Vorgesetzten wenden, die Sprechstunde bei den Bezirksbürgermeistern nutzen oder auch das Kundenmanagement kontaktieren", sagt der Geschäftsführer. Die Ombudsmänner, die an allen Duisburger Jobcenter-Standorten (Mitte, Norden, Westen) Sprechstunden anbieten, legten jetzt ihre Halbjahresbilanz vor. Die Nachfrage ist konstant geblieben: Im vergangenen Jahr betreuten sie 260 Kundenanfragen, in den ersten sechs Monaten dieses Jahres waren es 133. Davon entfielen etwa jeweils 50 auf die Mitte und den Norden, der Rest auf den Duisburger Westen.

Die Themen, bei denen es zu Beschwerden kommt, sind häufig ähnlich gelagert. "Meist geht es um die Kosten der Unterkunft, die Anrechenbarkeit von Einkommen, um Miete und Nebenkosten sowie Umzüge", erklärt Niedermair. Problematisch wird es immer dann, wenn Vorschriften Ermessenssache sind. "In Duisburg gelten etwa vier Euro Kaltmiete als angemessen, in München sind es zehn Euro", sagt Norbert Maul.

Ähnlich war es mit der Größe der Wohnung. "Nun gibt es eine höchstricherliche Entscheidung. Danach sind 50 Quadratmeter für eine Single-Wohnung angemessen." Sowohl die Miete als auch die Wohnungsgröße sind dann der Grund dafür, dass Kunden umziehen müssen. Natürlich können sie auch in ihrer alten Wohnung bleiben — bezahlt bekommen sie vom Jobcenter aber immer nur die "angemessenen" Kosten. "Viele Bescheide sind für die Betroffenen schlichtweg unverständlich. Sie sind von Juristen verfasst und müssen bestimmte Redewendungen enthalten, um Bestand zu haben. Wenn wir den Betroffenen erklären, was der Bescheid bedeutet, ist das Problem häufig schon aus der Welt geschafft. Von den 133 persönlichen Anfragen im ersten Halbjahr waren 60 danach erledigt", sagt Kalusche.

In fast jedem fünften Fall finden die Ombudsmänner heraus, dass vom Sachbearbeiter eine falsche Entscheidung getroffen wurde. Die wird dann korrigiert. Die Fehlerquote hängt auch damit zusammen, dass die Fluktuation bei den Mitarbeitern groß ist. 15 Prozent der 750 Jobcenter-Mitarbeiter sind befristet tätig. "Sie müssen angelernt werden, was auch Kapazitäten bindet. Und wenn sie sich eingefunden haben, sind sie wieder weg", sagt Kalusche. Das Duisburger Jobcenter haben schon Anfragen anderer Städten, die sich für die Einrichtungen einer Ombudsstelle interessieren.

(RP)
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