Armin Schneider Offensiv die Veränderungen angehen

Duisburg · Der Superintendent der evangelischen Kirche in Duisburg feierte in diesen Tagen seinen 60. Geburtstag.

 Superintendent Pfarrer Armin Schneider repräsentiert die evangelische Kirche in Duisburg.

Superintendent Pfarrer Armin Schneider repräsentiert die evangelische Kirche in Duisburg.

Foto: andreas probst (archiv)

Mit welchem Gefühl blicken Sie auf Ihre Duisburger Zeit als Superintendent zurück?

Schneider Ich blicke mit einem guten Gefühl zurück. Zwar bin ich bisweilen erschrocken, wie schnell diese zehn Jahre vergangen sind; aber das hat wohl eher mit meinem Alter zu tun. Es stand nicht unbedingt auf meinem Lebensplan, Superintendent zu werden, und ich habe das Amt im Dezember 2004 mit großem Respekt vor den Aufgaben, die da auf mich zukommen, angetreten. Das Amt hat mir aber auf die Dauer gesehen, mehr Freude gemacht als ich zu träumen gewagt hätte.

Woran liegt das?

Schneider Das hängt vor allem mit den Menschen zusammen, mit denen ich hier zusammenarbeiten darf. Ich bin niemand, der gern einsame und kluge Entscheidungen für sich allein am Schreibtisch trifft. In Gestaltungsprozessen, insbesondere in Veränderungsprozessen brauche ich das Gespräch und den Austausch mit anderen. Das habe ich in den zehn Jahren reichlich erfahren dürfen.

Was sind Ihre positiven Erfahrungen?

Schneider Ich denke, es ist Einiges gelungen in den letzten zehn Jahren. Die beiden ehemaligen Kirchenkreise Duisburg-Nord und Duisburg-Süd sind zu einer Einheit zusammen gewachsen, was angesichts ihrer gemeinsamen Konfliktgeschichte nicht unbedingt selbstverständlich war. Wir haben erkannt, dass wir in einer Zeit, in der kirchliche Bindungen immer weniger selbstverständlich sind, ein verstärktes Augenmerk auf Mitgliedergewinnung und -pflege legen müssen. Ich kann es auch theologisch sagen: Wir haben uns die missionarische Dimension unseres Auftrages wieder stärker bewusst gemacht, als das in der Vergangenheit der Fall war.

Können Sie Beispiele nennen?

schneider Dazu gehört beispielsweise die Einrichtung der Eintrittsstelle in der Südkapelle der Salvatorkirche; dazu gehört das "Jahr der Taufe", das wir im Jahr 2012 mit einer bunten Palette von Veranstaltungen gefeiert haben und dessen Höhepunkt sicher das Tauffest im Landschaftspark Duisburg-Nord war. Des weiteren haben wir mit drei Kreiskirchentagen in der Mitte der Stadt deutlich gemacht, wofür wir als evangelische Kirche in Duisburg stehen. Dabei ist uns immer auch die anwaltschaftliche Dimension unseres Kirche-Seins wichtig: Kirche hat Anwältin der schwächsten Gruppen der Gesellschaft zu sein - ohne Wenn und Aber; das ist sozusagen die prophetische Dimension unseres Auftrags.

Worauf spielen Sie an?

Schneider Die Propheten der Hebräischen Bibel hatten ein wichtiges Kriterium für die Beurteilung einer Gesellschaft: "Wie ergeht es den Witwen, den Waisen und den Fremden?" Damit waren die schwächsten Mitglieder im damaligen Gemeinwesen angesprochen. Ihr Wohlergehen ist das entscheidende Kriterium zur Beurteilung der Gesamtgesellschaft. Das hat für mich bleibende Gültigkeit.

Die evangelische Kirche hat mit ähnlichen Problemen wie die katholische Kirche zu kämpfen: Zu viele Kirchen, schwindende Zahl der Kirchenmitglieder, Reduzierung von Serviceleistungen. Wie motiviert man sich als Amtsinhaber selber und wie motiviert man Menschen, die grundsätzlich bereit sind, sich in der evangelischen Kirche zu engagieren, angesichts dieser Lage?

Schneider Wir werden in Zukunft kleiner werden. Das ist gar keine Frage. Und darauf müssen wir uns einstellen. Die entscheidende Frage ist, in welcher Haltung wir die anstehenden Veränderungsprozesse angehen: Ob wir lediglich den Rückbau organisieren und zwar erst dann, wenn es gar nicht mehr anders geht; oder ob wir die absehbaren Veränderungen offensiv angehen, d.h. dass wir uns heute schon darauf einstellen und die notwendigen Maßnahmen einleiten.

Genau, das war ja auch Thema der jüngsten Synode...

Schneider. Richtig, einen Schritt in diese Richtung haben wir dort getan, indem wir beschlossen haben, dass die Gemeinden sich untereinander verständigen, welche Kirchen und Gemeindehäuser wir in den drei Regionen des Kirchenkreises im Jahr 2030 noch vorhalten wollen. Gleichzeitig möchte ich all diese Veränderungsprozesse mit dem Selbstbewusstsein angehen, dass die christlichen Kirchen den Menschen in dieser Stadt etwas anzubieten haben, was niemand anderes anbieten kann, nämlich dass sie im christlichen Glauben Halt und Orientierung finden für ihr Leben. Wir haben als Kirchen einen Auftrag, den wir uns nicht selbst gegeben haben; aber auch den Halt und die Orientierung, die wir im Glauben an das lebendige Wort Gottes erfahren, können wir uns nicht selbst geben. Die Kraft unserer Botschaft ist nicht abhängig von der Größe oder der gesellschaftlichen Bedeutung der Organisation, die sie verkündet. Das macht gelassen und motiviert zugleich.

(RP)
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