Duisburg Nur noch 70 freie Plätze für Asylbewerber

Duisburg · Der Mangel an Unterkünften wird immer größer. Zugleich steigen die Flüchtlingszahlen rasant an. In Neuenkamp wird nun eine ehemalige Hauptschule umgebaut. Die Nachbarn protestieren.

 Die Anwohner in Neuenkamp fühlen sich von der Stadt in Sachen Flüchtlingsunterkunft nur unzureichend informiert. Sie versammelten sich gestern an der ehemaligen Hauptschule an der Paul-Rücker-Straße.

Die Anwohner in Neuenkamp fühlen sich von der Stadt in Sachen Flüchtlingsunterkunft nur unzureichend informiert. Sie versammelten sich gestern an der ehemaligen Hauptschule an der Paul-Rücker-Straße.

Foto: Christoph Reichwein

Im Terminkalender von Sozialdezernent Reinhold Spaniel und Sozialamtsleiterin Andrea Bestgen-Schneebeck stand für gestern Abend ein Besuch in Neuenkamp, wo sie Stadtteil-Multiplikatoren über den Umbau der ehemaligen Schule an der Paul-Rücker-Straße zu einer Unterkunft für Asylbewerber informierten. Erst am Montag hatte der Stadtrat diese Maßnahme beschlossen. Wie an der Deichstraße in Rheinhausen (Neubau) wird auch diese neue Unterkunft mit 160 Plätzen nicht vor Anfang/Mitte 2016 zur Verfügung stehen.

Dabei ist der Handlungsdruck enorm. Gerade noch 70 freie Plätze gibt es in der Stadt, "so dass ich mir Schrecken vorstelle, dass heute oder morgen zwei Busse mit Asylbewerbern vor dem Sozialamt stehen könnten", sagt Spaniel. Ausgeschlossen ist das nicht, nach den Erfahrungen der Vergangenheit ist das sogar gut möglich. Denn planbar ist es für die Stadt nicht, wann und wie viele Flüchtlinge hier um Unterbringung bitten.

Duisburg bringt derzeit 2000 Asylbewerber unter, 1650 weitere könnten es schon bald sein, wenn sich die Ankündigungen des Bundesamtes für Migration bewahrheiten sollten. Dass derzeit kaum noch Kosovaren nach Deutschland fliehen, erklärt Spaniel damit, "dass sie dann eben als Albaner hierher kommen. Weniger werden es in keinem Fall." Unverändert stark sei der Zuzug von Afghanen, Syrern, Irakern und Menschen aus einigen Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Anders als in den 1980er und -90er Jahren "wird diese Flut nicht nach vier oder fünf Jahren aufhören. Ich bin überzeugt, dass wir am Anfang einer neuen Völkerwanderung stehen und jetzt schon bei unseren Planungen für die Unterbringung von Asylbewerbern in Dekaden rechnen müssen."

Rund die Hälfte der Asylsuchenden lebt in Duisburg in Wohnungen, was viele für die sozialste Unterbringungsvariante halten, "uns aber Problem bereitet. Denn kriegstraumatisierte Familien kann man nicht unbetreut einfach in eine Wohnung setzen", sagt Spaniel. Sammelunterkünfte gibt es derzeit an der Masurenallee in Wedau und an der Helmholtzstraße in Meiderich. Bis zum Jahresende kann die Stadt noch die alte Jugendherberge am Kalkweg nutzen. In wenigen Wochen werden die neuen Unterkünfte an der Königstraße in Walsum und an der Holtener Straße in Neumühl beziehbar sein. 300 Plätze stehen im ehemaligen St. Barbara Hospital zur Verfügung. Die Übergangseinrichtung wird vom Land betreut und bezahlt, aber die Zahl wird auf das Kontingent der Stadt angerechnet.

Bei den städtischen Quartieren hingegen zahlt sie weitgehend die Zeche alleine. Von den jährlich 15 Millionen Euro, die Duisburg für die Unterkunft und Betreuung der Asylbewerber derzeit ausgeben muss, übernehmen das Land bzw. der Bund gerade 30 Prozent. Finanzieren muss die Stadt zum Beispiel die etwa 30 Betreuer von AWO und Diakonie, die sich um die Asylbewerber kümmern. "Darunter sind inzwischen auch Migranten mit Kenntnissen in zwölf verschiedenen Fremdsprachen", sagt Andrea Bestgen-Schneebeck.

(RP)
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