Duisburg Nirgends gibt es mehr Arbeitslose in NRW

Duisburg · Etwa 80 Prozent der in Duisburg gemeldeten Arbeitslosen sind Langzeitarbeitslose. Mit dieser Problematik und deren Folgen setzt sich das Sozialbündnis Duisburg zum wiederholten Mal auseinander. Keine Stadt in NRW zählt mehr Arbeitslose als Duisburg.

Mit 32 638 Personen führt Duisburg mittlerweile die Statistik der Arbeitslosenquote in Nordrhein-Westfalen an. Was Vertreter der Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften und Kirchen besonders beunruhigt: Gerade mal 20 Prozent können nach kurzer Arbeitslosigkeit wieder in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden.

Der Rest verharrt oftmals über Jahre in der Erwerbslosigkeit. Häufig sind gleich mehrere Generationen betroffen. "Diese Menschen leiden unter sozialer Benachteiligung und gesellschaftlicher Ausgrenzung" erklärt Sieghard Schilling, Geschäftsführer des Diakoniewerks in Duisburg.

Deswegen versteht sich das Sozialbündnis als Sprachrohr derer, die augenscheinlich nicht vom derzeitigen Aufschwung profitieren. Armin Schneider, Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Duisburg, stellt das Interesse der Kirche an der Thematik heraus: Sie könne sich nicht damit abfinden, wenn Menschen dauerhaft von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen seien. Außerdem trage es zur Freiheit und Würde des Menschen bei, den Lebensunterhalt durch Arbeit selbst zu bestreiten. Es sei darum von besonderer Bedeutung auch "Problemgruppen" wieder in Arbeit zu bringen.

Eine Verletzung der Menschenwürde sieht Horst Werner Rook, Pressesprecher der Duisburger Linken, nicht allein in der Arbeitslosigkeit, sondern vielmehr in den Sanktionen, die gegen Arbeitslose verhängt werden. "Es ist ein Skandal, dass Duisburg bei den verhängten Sanktionen gewissermaßen eine Vorreiterrolle in NRW hat."

Auch die Duisburger Grünen sprechen sich für einen humanen und korrekten Umgang des Jobcenters mit seinen Kunden aus. "Sanktionen vermitteln den Menschen nicht das Gefühl, etwas Wert zu sein", sagt Kreisvorstandsmitglied Gerwin Ruske. Die Arbeitslosen würden auf diese Weise noch weiter in die "gesellschaftliche Sackgasse gekickt".

Der FDP-Landtagsabgeordnete Holger Ellerbrock wies die Kritik am Jobcenter zurück. Wenn die Einrichtung Sanktionen nach geltendem Recht verhängt habe, gelte ihr eher ein Lob. Die Ansicht, dass nicht nur die Arbeitslosigkeit selbst das Problem ist, teilt auch das Sozialbündnis Duisburg. Sie dient oft als Ausgangspunkt für viele weitere Phänomene und steht daher im Zusammenhang mit sozialen Missständen, wie Armut und Suchterkrankungen, aber auch erzieherischen Problemen in den Familien.

Das Sozialbündnis Duisburg will darum die gesellschaftliche Diskussion stärker anstoßen und von der Politik glaubhafte Konzepte wie einen öffentlich geförderten zweiten Arbeitsmarkt einfordern.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort