Duisburg Nicht über jedes Stöckchen springen

Duisburg · Die IHK ist mit der aktuellen Entwicklung in Duisburg nicht zufrieden und fordert klarere und verbindlichere Entscheidungen. Sie sieht allerdings am grauen Himmel auch ein paar Aufheiterungen.

Still ruht der See — zum Beispiel auf dem Kriegergelände am Hauptbahnhof oder auf dem Grundstück, auf dem die Rhein-Ruhr-Halle langsam aber sicher in sich zusammenfällt. Auf der anderen Seite: Die Gewerbesteuer steigt, die Arbeitslosigkeit auch, Schlagloch-Pisten und Staus deuten nicht unbedingt auf gute Erreichbarkeit hin.

Glücklich ist die Niederrheinische IHK mit Sitz am Hauptbahnhof über diesen Zustand nicht. Dr. Stefan Dietzfelbinger, IHK-Hauptgeschäftsführer sieht bei allen schwarzen Wolken über dem Stadtentwicklungshimmel einige Lücken. Zum Beispiel über Logport III in Wanheim. Dorthin hat Hafenchef Erich Staake den Automobilbauer Audi gelockt. Zum Beispiel in Neuenkamp. Ein Gelände am Rand der A 40 hat Staake dem Automobilisten VW schmackhaft gemacht. "Aber auch die Tatsache, dass die Targobank am Standort Saarstraße wächst, ist ein gutes Zeichen", sagt Dietzfelbinger. "Denn wir brauchen unbedingt mehr Arbeitsplätze. Das Thema Arbeitslosigkeit muss bei allen Akteuren ganz oben auf der Liste stehen." Gerade erst hat Duisburg mal wieder die "rote Laterne" übernommen, weil hier mehr Menschen ohne Beschäftigung sind als sonst wo in NRW.

Das FOC und die Höffner-Möbel-Welt könnten neue Arbeitsplätze bringen. Doch die IHK hält beide Projekte für Arbeitsplatz-Killer im bestehenden Einzelhandel. An deren baldige Realisierung glaubt Dietzfelbinger nicht. Der Höffner-Inhaber Kurt Krieger habe seinem Neubau-Vorhaben in Neuss eindeutig den Vorzug gegeben, was zur Folge habe, dass sich auf dem das Brachgelände am Hauptbahnhof zumindest in den nächsten drei oder vier Jahren wohl kaum etwas bewege. "Beim FOC gibt es, wie wir alle wissen, eh noch eine Menge Hürde aus dem Weg zu räumen."

Von der Lokalpolitik fordert der IHK-Chef, mehr eindeutige Akzente zu setzen. "Wir hatten den Masterplan für die Innenstadt von Lord Norman Foster, dem damals alle Fraktion zugestimmt haben." Das sei ein Wegweiser für die weiteren Planungen gewesen. Inzwischen sei jedoch eine Wende erkennbar "Vernünftige Stadtplanung sieht für uns zumindest anders aus", sagt er. "Man muss eben nicht über jedes Stöckchen springen, das einem hingehalten wird", meint er und schaut von seinem Büro hinunter auf die Mercatorstraße, deren Umplanung gerade erst gecancelt wurde, und auf die Bahnhofsplatte, die frühestens in zwei Jahren gestaltet werden kann.

Anführen könnte er beispielsweise aber auch das Mercatorquartier. Hier leistet sich die Stadt eine in sich zusammenfallende ehemalige Schule unmittelbar vor dem Rathaus und setzt darauf, einen Investor zu finden, der dort nicht nur Wohnungen, Büros und/oder Geschäfte baut, sondern auch noch das ehemalige Wohnhaus von Gerhard Mercator wieder auferstehen lässt, dessen Mauerreste im Erdreich entdeckt worden waren. Michael Rüscher, bei der IHK für den Einzelhandel zuständig, sieht bei aller Kritik dennoch in der City einige zarte Pflänzchen, die es zu hegen und zu pflegen gelte. Die Zentralitätsquote in der Stadt sei immerhin von 92,1 Prozent im Jahr 2007 auf 106,5 im vorigen Jahr gestiegen. "Das ist doch was!"

Die Gewerbesteueranhebungen wirkten da allerdings kontraproduktiv. "Wir liegen mit unserem Hebesatz 25 Prozent über den in Düsseldorf und Krefeld, unseren unmittelbaren Nachbarn." Vor allem den psychologischen Effekt dürfe man nicht unterschätzen, warnt Dietzfelbinger. Wenn ein Projektentwickler wie Aurelis jetzt schon eine eigene Erschließungsstraße baue, um den Bürostandort am Hauptbahnhof besser anbieten zu können, "dann sagt auch das einiges über den Zustand in unserer Stadt aus".

Der IHK-Chef ist allerdings nicht derjenige, der Konflikte einem Konsens vorzieht. Im Gegenteil. "Wir müssen alle gemeinsam daran arbeiten, Duisburg wieder nach vorne zu bringen", sagt er. Dazu gehören nach seiner Ansicht zum Beispiel Gespräche mit der Industrie, die jede Menge ungenutzte Flächen in ihrem Besitz hat, die Duisburg für die wirtschaftliche Entwicklung dringend benötigt.

Dazu gehört nach seiner Ansicht aber auch eine klare, verbindliche Positionierung, was die Stadt an welchem Standort will, festzuschreiben zum Beispiel in dem Planungsprojekt Duisburg 2027. Wenn beispielsweise in der Bezirksvertretung Mitte ernsthaft über eine Aufgabe der gewerblichen Nutzung von Grundstücken am Rhein zugunsten von Flächen für Freizeit und Erholung debattiert werde — wie geschehen —, dann fehle diese klare Linie. Und dass über die Verwendung der Gewerbeflächen an der Masurenallee in Wedau keine einhellige Meinung bestehe, stört den IHK-Chef gleichfalls. "Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir dort zumindest noch einen Teil der Fläche für Gewerbe und damit für neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze sichern können."

(RP)
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