Duisburg Neumühl mit dem Rollstuhl

Duisburg · Schüler der Gesamtschule Duisburg-Hamborn/ Neumühl inspizierten gestern mit dem Rollstuhl ihren Stadtteil. Dabei lernten sie, mit welchen Schwierigkeiten Gehbehinderte im Alltag zu kämpfen haben.

Mit welchen Problemen sich Rollstuhlfahrer im alltäglichen Leben herumschlagen, das konnten 90 Schüler der siebten Jahrgangsstufe der Gesamtschule Hamborn/ Neumühl beim Projekttag "Mit dem Rollstuhl durch Neumühl" hautnah erfahren.

In einem Parcours durch den Stadtteil gab es es zahlreiche Aufgaben zu lösen. Um die Frage "Wie teuer ist das Paniermehl beim Bäcker?" zu beantworten, muss eine hohe Stufe überwunden werden. Im Bastelgeschäft ist die gesuchte Bewerbungsmappe ganz oben im Regal, es gilt Hilfe zu holen. Immer zu dritt, ein Schüler im Rollstuhl, zwei die ihn begleiten gilt es dann, herauszufinden, wie man das Problem jetzt lösen könnte. "Ganz schön schwierig ist das", findet die 13-jährige Sarah Splittorf.

Einer ihrer Begleitungen, Anna Balavko (12), ist noch etwas anderes aufgefallen. "Alle haben so komisch geguckt." Das Ziel, so Diplom-Sozialpädagoge Stefan Liebig, sei es die Kinder die Welt von Gehbehinderten nachempfinden zu lassen. Gleichzeitig lesen alle siebten Klassen der Gesamtschule das Buch "Die Vorstadtkrokodile" im Deutschunterricht. "Manch einer mag ja meinen, das Buch sei mittlerweile antiquiert. Aber die Kinder aus dem Stadtteil finden sich bei den Vorstadtkrokodilen wieder."

Das liege daran, das neben dem Behindertenproblem, auch die Migrantenproblematik besprochen werde, erklärt Lehrerin Ute Gibbels. "Im Buch werden Italiener unbegründet beschuldigt, dass kennen die Kinder sehr gut aus ihrer Alltagssituation." Rund 40 Prozent Migrantenanteil hat die Schule. Für diesen Tag hat das "Reha Team West" zehn Rollstühle der Schule zur Verfügung zur Verfügung gestellt. Ein Erfolg ist der Tag für die Verantwortlichen auf jeden Fall. "Natürlich gibt es bei den Kindern Vorbehalte, sich in den Rollstuhl zu setzen, aber um die 95 Prozent wollen es dann doch. Das ganze soll ja auch Spaß machen", so Liebig.

Die Beine werden kalt

Die Kinder sollen realisieren, dass Menschen im Rollstuhl ganz normale Menschen sind und nicht geistig behindert, was viele der Schüler mit einer Behinderung verbinden würden. "Ich habe heute schon viel von den Kindern gehört, worauf ich als Erwachsener gar nicht achte. Viele haben gesagt, dass ihre Beine beim Sitzen im Rollstuhl kalt werden."

Anna und Sarah brechen auf, sie haben von den elf Stationen noch die Bushaltestelle, das Pfarrbüro und den Anwalt zu bewältigen — mit dem Rollstuhl.

(RP)
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