Duisburg Neues über alte Römermauern

Duisburg · Im Archäologischen Park in Xanten beschäftigen sich Archäologen mit Teilen der Befestigungsanlagen- die allerdings vermutlich gar keine waren, sondern nur zu repräsentativen Zwecken erbaut wurden.

 Genaue Vermessung des Geländes in Xanten ist Teil der Forschungsarbeit.

Genaue Vermessung des Geländes in Xanten ist Teil der Forschungsarbeit.

Foto: Armin Fischer

Auch Archäologen dürfen träumen. Nicht unbedingt bei der akribischen Arbeit einer Ausgrabung. Aber von der Zukunft. Dann zum Beispiel, wenn die Fundament-Reste der früheren Stadtmauer der Colonia Ulpia Traiana völlig erforscht sind. Vielleicht könnte ja irgendwann einmal eine vollständige Rekonstruktion den APX umschließen. Dr. Armin Becker ist derzeit allerdings bodenständiger. Unter seiner Leitung darf ein 16-köpfiges Team erstmals den nordwestlichen Bereich der CUT erforschen - vom Burginatium-Tor bis zum Alleenradweg.

Wirklich tätig waren Wissenschaftler hier noch nie. "Es sei denn, das Gestochere mit langen Eisen für die erste Gesamtdarstellung im Jahr 1889 würde man als wissenschaftliche Arbeit bezeichnen", sagt Becker. Später kam dann die Bundesstraße, die bis 2008 das Gelände der CUT durchschnitt. Jetzt kann es hier richtig losgehen.

Auf Gut Glück wird natürlich nicht gegraben: Luftbilder haben gezeigt, dass auf einer geraden Linie die Pflanzen schlechter wachsen als drumherum, und auch geophysikalische Untersuchungen mit einer Art Echolot weisen den Wissenschaftlern den Weg zu einer Mauer mit zwei Ausbuchtungen - ehemaligen Türmen voraussichtlich, sagt der aus Marburg stammende Becker, der in seiner Heimatstadt und in Göttingen studiert hat. Mindestens zwei der drei je zehn mal zehn Meter großen Ausgrabungsflächen sind denn auch diesen Türmen gewidmet, die in regelmäßigen Abständen aus der Mauer hervorragen, erklärt der Archäologe, der über das Verhältnis der Römer und Chatten promoviert hat, also den Germanen in Nordhessen.

Wann diese Mauer samt Türmen genau gebaut wurde, ist übrigens nicht exakt zu datieren. "Wir wissen aus den Funden von Eichenpfählen, dass sie im Jahre 105 nach Christus gefällt wurden", sagt der 53-Jährige. Ob, wo und wie lange die Baumstämme gelagert wurden, ist unklar. Auf jeden Fall war der Boden zum Rhein hin so weich, dass sie wie eine Art Rost im Boden verankert wurden. Darauf entstand dann irgendwann die eigentliche Mauer - wohl eher aus repräsentativen Zwecken. Trajan war im Jahre 98 nach Christus Kaiser geworden. Die nach ihm benannte Stadt gehörte zu seinen frühesten Gründungen. Und zu dieser Zeit herrschte tiefster Frieden im Norden des Römischen Reichs. "Zu einer Stadt mit entsprechenden Rechten gehörten aber eben Bauten wie zum Beispiel ein Forum und gewisse Tempelanlagen", so Becker. Der Kaiser selbst, so darf vermutet werden, habe dafür auch Geld fließen lassen. Und welche Stadt etwas auf sich hielt, die baute auch eine Mauer - solange es irgendwoher Geld gab. Aventicum, das heutige Avenches in der Schweiz zum Beispiel, hatte nur auf zwei Seiten Mauern.

Allerdings dürfte auch die Stadt selbst nicht gerade arm gewesen sein. Becker: "Eine Colonia und ein Legionslager waren schon ein Wirtschaftsfaktor an sich." Das Lager war sogar für zwei Legionen, also theoretisch für 12.000 Legionäre ausgelegt. Allerdings gab's die nur Mitte des ersten Jahrhunderts, also lange vor der Stadt-Gründung. Immerhin: 6000 Soldaten waren es nachher immer. "Viele hatten ihren Anhang mitgebracht, wollten ihre Familien gut ernähren, essen, trinken. Sie brauchten Kleider, wollten sich vergnügen." Und das in einer Grenzregion, in der die Bauern ihre Güter im Wesentlichen nur für sich selbst produzierten. Handel wurde damals und bis in die Spätantike großgeschrieben. Die Römer waren bis ins vierte Jahrhundert in Xanten.

Dass der Mauerbau einfach nur schicklich und keinesfalls als Verteidigungsinstrument gedacht war, zeige auch deren Stärke, erzählt Becker, der unter anderem beim Landesamt für Denkmalpflege in Hessen und in der römisch-germanischen Kommission am Deutschen Archäologischen Institut in Frankfurt sowie an der Goethe-Universität gearbeitet hatte, bevor er im November nach Xanten kam. Richtig wehrhafte Mauern waren bis zu vier Meter dick. In Xanten, so ergaben die ersten Ausgrabungen an den neuen Flächen, waren es nur 1,60 bis zwei Meter. Und die Türme, so ist erkennbar, ragen nur knapp nach außen hinaus. "Für eine Verteidigung", so Becker, "hätte das nicht gereicht." Von den Türmen herab mussten auch die Mauern mit verteidigt werden, dafür wurden sie für eine richtige Wehrmauer weit nach außen gebaut.

Eine große Anzahl von Fundstücken gibt es noch nicht. Die Grabung ist noch jung. Die Mauern und teilweise selbst die Fundamente wurden für den Aufbau des späteren Xanten abgetragen. Jedenfalls wurden Gruben wiederverfüllt. Und an den Türmen endeten die Straßen. Die Kanäle wurden unter den Bauwerken hindurch vor die Stadt geleitet. Dort gibt es auch noch Gräben. "Was da zu finden ist, ist noch völlig unklar", sagt Becker.

Und er denkt dann auch an die Rekonstruktion. "In Teilen könnte es ja wirklich so kommen." Zumindest ist daran gedacht, auf jeden Fall im Bereich eines geplanten Entdeckerforums.

(RP)
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