Duisburg Mystische Begegnung

Duisburg · "The Gregorian Voices" waren am Dienstagabend in der Erlöserkirche zu Gast. Das Vokalseptett zog die Besucher mit klassisch-gregorianischen Chorälen und Interpretationen moderner Pop- und Rockstücke in seinen Bann.

 In bodenlangen Mönchskutten traten die Sänger aus Bulgarien in der abgedunkelten Rheinhauser Erlöserkirche auf.

In bodenlangen Mönchskutten traten die Sänger aus Bulgarien in der abgedunkelten Rheinhauser Erlöserkirche auf.

Foto: Andreas Probst

Rheinhausen Die Rheinhauser Erlöserkirche ist abgedunkelt, als die acht Sänger der Gruppe "The Gregorian Voices" über den Mittelgang Richtung Kanzel schreiten. Sie sind in bodenlange Mönchskutten gehüllt, die von einem groben Seil in der Hüfte gehalten werden. Übergroße Kapuzen verdecken ihre Gesichter, bis sie die im Halbkreis aufgestellten Notenständer vor der Kanzel erreicht haben. Die wenige indirekte Beleuchtung wirft lange Schatten an die Wände. Allein diese Inszenierung kreierte am Dienstagabend schon eine mystische Atmosphäre.

Ehrfürchtiges Publikum

Als die Sänger aus Bulgarien synchron die kleinen LED-Lampen über den Notenständern einschalten, wirken diese wie kleine Glühwürmchen in der dunklen Kirche. Die erwartungsvolle Stille der gut 250 Zuschauer scheint die Männer mit den kurzen Haaren und den konzentrierten Gesichtern nicht aus der Ruhe zu bringen. Ganz leise beginnt das Konzert mit einem sonoren Brummen, welches ganz allmählich zu einem vollen Klang anschwillt, auf- und abebbt.

Die ersten Stücke funktionieren alle nach diesem Schema, und wirken so meditativ, dass sich keiner der Zuschauer traut zu applaudieren. Als dann nach dem dritten Stück doch zaghafter Applaus aufkommt, in den auch der Rest des Publikums erleichtert einfällt, huscht den Sängern zum ersten Mal ein Lächeln über die Lippen. Zwei von ihnen tauschen verstohlene Blicke aus und zwinkern. Diese anfängliche Zurückhaltung, ja Ehrfurcht des Publikums scheint nicht ungewöhnlich zu sein.

Auf die anfänglich abstrakten Stücke, aus denen sich kaum Worte identifizieren lassen, folgten Lieder auf Russisch und Bulgarisch. Auch die Stimmung der Werke verändert sich. Muteten die ersten Interpretationen noch sakral an, folgen jetzt Lobgesänge, die auch als etwas stilvollere Fußball-Fangesänge durchgehen könnten – im positivsten Sinne. Denn trotz der fremden Sprache transportieren die Sänger eine Fröhlichkeit, die man dem Mönchgesang zunächst kaum zutraut.

Zuschauer aller Altersklassen

Zum Abschluss der ersten Hälfte präsentiert der Chor das Stück "Ameno" – im Original von der Gruppe ERA, das aufgrund seiner Intensität Gänsehaut verursacht, obwohl, oder vielleicht auch gerade weil diese Liedauswahl einen Bruch zu den fröhlichen Titeln zuvor bewirkt.

In der zweiten Hälfte folgen nach dem Motto "Mittelalter trifft das Hier und Heute" Interpretationen von Popmusik-Klassikern wie "Bridge Over Troubled Water" von Simon and Garfunkel, "Knockin' On Heaven's Door" von Bob Dylan, "My Heart Will Go On" von Celine Dion oder "Wish You Were Here" von Pink Floyd.

Diese Mischung macht das Konzert für ein absolut bunt gemischtes Publikum attraktiv. Kaum ein anderes Chorkonzert vereint wohl so gekonnt ganz in schwarz gekleidete Jugendliche, kulturinteressierte Mittdreißiger und etliche Senioren, deren gemeinsamer stehender Applaus die Sänger nach knapp zwei Stunden in den verdienten Feierabend trägt.

(son)
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