Reaktionen auf Spielabbruch in Duisburg „Rassismus hat keinen Platz – weder beim Fußball noch in unserer Gesellschaft“

Duisburg · Ein Zuschauer des MSV Duisburg verursacht am Sonntag den ersten Rassismus-bedingten Spielabbruch im deutschen Profifußball. Der Staatsschutz ermittelt, Politiker wie NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst verurteilen den Vorfall scharf.

 Der Moment nach dem Vorfall: Osnabrücks Spieler Aaron Opoku (r.) spricht mit Schiedsrichter Nicolas Winter.

Der Moment nach dem Vorfall: Osnabrücks Spieler Aaron Opoku (r.) spricht mit Schiedsrichter Nicolas Winter.

Foto: dpa/Revierfoto

Es ist die Art von Aufmerksamkeit, die sich kein Verein wünscht. Am Sonntagnachmittag wollte der kriselnde Fußball-Drittligist MSV Duisburg endlich mal wieder sportlich begeistern. Dass das Heimspiel gegen den VfL Osnabrück überregional für große Aufmerksamkeit sorgte, hatte jedoch andere, bittere Gründe. Eine gute halbe Stunde ist gespielt, da ertönen von der Tribüne Affenlaute und Beleidigungen. Sie gelten wohl dem Osnabrücker Spieler Aaron Opoku. Offener Rassismus. Das Spiel wird erst unter-, dann abgebrochen.

Der mutmaßliche Täter wird identifiziert. Wie die Polizei am Sonntagabend mitteilte, wird gegen einen 55-jährigen Mann ermittelt. Er soll laut Zeugenaussagen unter anderem „Du Affe kannst eh keine Ecken schießen“ gerufen haben. Auch der Staatsschutz der Polizei Duisburg sei informiert. Nach ersten Vernehmungen ist laut Polizei jedoch noch unklar, ob mit der Beleidigung wirklich Opoku gemeint war. Der Beschuldigte bestreitet das. Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes ermittelt derweil auf sportlicher Seite. Noch ist unklar, ob es ein Wiederholungsspiel geben wird oder das Spiel für die Osnabrücker gewertet wird. Vertreter beider Mannschaften zeigen sich nach dem Vorfall geschockt und solidarisch.

Noch am Sonntag veröffentlicht Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) ein Statement bei Facebook. „Rassismus hat keinen Platz – weder beim Fußball noch in unserer Gesellschaft“, schreibt er dort. Und dass er hoffe, dass der Verursacher des Ganzen schnell und hart bestraft werde. Er richtet seinen Dank an alle Beteiligten, die nach dem Vorfall die richtigen Reaktionen gezeigt hätten. „Duisburg ist eine bunte, offene und tolerante Stadt, in der jede und jeder einen Platz hat und respektiert wird“, schreibt Link. „Nur Nazis und Rassisten – die haben hier keinen Platz...“

Auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst verurteilt den Vorfall. „Die rassistischen Anfeindungen im Duisburger Stadion sind widerwärtig und nicht hinnehmbar. Sie verhöhnen die Werte, für die der Sport steht: Teamgeist und Respekt“, sagt der CDU-Politiker am Montag. Er lobt die Fans, die mit „Nazis raus“-Rufen reagiert hatten und sprach davon, die „Schattenseiten“ des Sports aufarbeiten zu wollen: „Probleme wie Ausgrenzung und Diskriminierung im Sport gehören ins Zentrum der öffentlichen Debatte. Wir haben hier noch reichlich Nachholbedarf.“

Link und Wüst sind nur zwei von vielen Menschen, die sich nach dem Vorfall zu Wort melden. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), selbst bekennende MSV-Anhängerin, teilt bei Twitter ein Statement des VfL Osnabrück und die Info, dass die Stadionregie sofort das Anti-Rassismus-Lied „Schrei nach Liebe“ von der Punk-Band Die Ärzte gespielt hatte und kommentiert das mit „Volle Solidarität“ und „Stabil“.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Lamya Kaddor lobt den Spielabbruch und die Reaktion der MSV-Verantwortlichen. NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) schreibt: „Solidarität mit Aaron Opoku! Starke Reaktion der Fans und dennoch bitter, dass so etwas passiert.“

Es ist beileibe nicht der erste Fall von Rassismus im deutschen Fußball. Auf den Sportplätzen dieses Landes hatte es schon zuvor viel zu oft übelste rassistische und antisemitische Entgleisungen und in diesem Zusammenhang sogar körperliche Übergriffe gegeben. Selbst WM-Helden wie Nationalspieler Gerald Asamoah mussten schon rassistische Sprechchöre über sich ergehen lassen. Dennoch wird dieser 19. Dezember 2021 in Duisburg als besonderer Tiefpunkt in die Geschichte eingehen. Nie zuvor war ein Spiel im deutschen Profifußball wegen eines rassistischen Vorfalls abgebrochen worden.

(mit dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort