Duisburg Mercator-Theater der abgelegenen Inseln

Duisburg · Bei den Ruhrort-Akzenten vor zwei Jahren stellte die junge Schriftstellerin Judith Schalansky ihr faszinierendes Buch "Atlas der abgelegenen Inseln" vor.

Jetzt zu den Mercator-Akzenten hat der bewährte Regisseur Johannes Lepper das Werk als kongeniale Theater-Installation "3rd floor / mercator" in das Festivalzentrum Mercator-Quartier gebracht.

Die Besucher folgen dem schlaksigen Schauspieler Otto Schnelling und dem skurrilen Akkordeonisten Uli Brüstle durch einige ehemalige Klassenräume im dritten Stock des Theater-Trakts zu sieben abgelegenen Inseln, überwiegend im Nordpolarmeer und im Südatlantik.

Vor Ort zückt der Darsteller die inzwischen erschienene Taschenbuchausgabe und liest daraus die entsprechenden, ebenso wundersamen wie wahren Geschichten. Schnelling deutet mit meisterhaft minimalen Mitteln etwa den schneidigen österreichisch-ungarischen Offizier an, der die sibirische Rudolf-Insel entdeckt und benennt, oder auf den Knien als Napoleon auf St. Helena.

Überall stehen leuchtende Globen, und es gibt eine herrliche Parodie auf die Mercator-Projektion, bei der bekanntlich Grönland so groß aussieht wie Afrika, obwohl Afrika in Wirklichkeit 15 Mal größer ist. Und dies an eben jenem Ort, wo einmal das Haus von Gerhard Mercator stand. Alles nach dem Motto "Revolutionen werden auf Schiffen verkündet, Utopien auf Inseln gelebt". Dazu kommt zusätzlich "Shakespeares Insel" mit einem Zitat aus William Shakespeares letztem Stück "Der Sturm", das ja auch auf einer abgelegenen Insel spielt.

Gouverneur und Untertan

Der tiefere, existenzielle Sinn der Insel-Metapher wird in dieser ebenso dichten wie unterhaltsamen Stunde noch viel deutlicher als beim reinen Lesen. Buchstäblich nur im Suff ertragen kann der Darsteller schließlich die Geschichte von der besonders abgelegenen Insel St. Paul, wo einst nur zwei Menschen lebten: der "Gouverneur" und der "Untertan". Der Untertan sprach vom Gouverneur nur als einem sehr, sehr guten Menschen, der Gouverneur vom Untertan nur als einem durch und durch schlechten Menschen. Einen dritten sollen sie gemeinsam verspeist haben.

(hod)
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