Duisburg Meister des Kabaretts

Duisburg · Wilfried Schmickler war mit seinem neuesten Programm "Ich weiß es doch auch nicht" zu Gast im Huckinger Steinhof.

Duisburg: Meister des Kabaretts
Foto: Moll, Jürgen

Restlos "Ausverkauft" war der Kabarettabend mit Wilfried Schmickler, und das schon seit Wochen. Weit über 600 erwartungsvolle Besucher konnte Elke Sommer im proppevollen Steinhof begrüßen.

Ihre Bitte zu Beginn der Vorstellung, dass die Gäste ihre Biergläser und Getränkeflaschen besonders im Auge behalten sollten ("wir sind in der Szene schon wegen der klirrenden Geräusche bestens bekannt"), sollte im Verlauf des Abends allerdings nicht von besonderem Erfolg gekrönt sein.

Wilfried Schmickler, der mit seinem noch jungen Programm "Ich weiß es doch auch nicht" in Huckingen gastierte, ließ sich davon allerdings nicht sonderlich irritieren. Sein aktuelles Solo-Programm war bestes politisches Kabarett alter Schule; frisch, frech und temporeich serviert und fern ab jeglichen "Comedy-Schnick-Schnacks". Der Kölner Spitzen-Kabarettist ging direkt "in die Vollen"; man musste sich schon konzentrieren, um jede Pointe und jedes Wortspiel des spielfreudigen und sich offensichtlich in Hochform befindlichen Schmickler mitzubekommen.

Die aktuellen Gegebenheiten scheinen aber auch wie geschaffen für Kabarettisten seines Kalibers. Natürlich war dabei die Rolle von Deutschlands "Verfassungsschützern" ein gefundenes Fressen. Ironisch erwähnte er Geheimdienst-Protokolle, die man in Deutschland offensichtlich nur in "geschredderter Form" kenne. Schmickler vermutet, dass im Zuge der Diskussion um den Rechtsradikalismus die Salafisten Vielen gerade recht kamen, um von den gravierenden Problemen in diesem Bereich abzulenken ("Der böse Bube zur rechten Zeit").

Nicht gut weg kamen auch unsere Bundestagsabgeordneten, die seiner Meinung nach ihren Tag im Parlament "im Wachkoma" verbringen ("wenn sie denn da sind"). Genüsslich erwähnte Schmickler dabei Finanzminister Wolfgang Schäuble, der, wie Fernsehkameras es jüngst erfasst hatten, während einer Bundestagssitzung auf seinem Laptop ein Sudoku-Rätsel zu lösen versuchte ("und alle dachten, der beschäftigt sich mit neusten Entwicklungen in der Finanzkrise").

Dass Schmickler nicht nur das gesprochene Wort als scharfe satirische Waffe einsetzen, sondern auch musikalisch seine "Botschaften" vermitteln kann, bewies er mit dem "Ich weiß es doch auch nicht-Reggae", bei der die gesamte politische Kaste ihr Fett abbekam. Absoluter Lieblingspolitiker aller Kabarettisten scheint zurzeit FDP-Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel ("Minister für Teppichhandel") zu sein. Es sei schon abenteuerlich, wie er "wie ein drittklassiger Rambo-Darsteller" mit Bundeswehr-Kappe ("da hat der bestimmt 100 Stück von in seinem Büro") in offizieller Mission Entwicklungsländer besucht.

Die täglichen Talk-Shows im deutschen Fernsehen ließ Schmickler auch nicht unkommentiert. "Hohles Geschwafel auf allen Kanälen mit immer den gleichen 'Experten'" nerven nicht nur den Kabarettisten, wie die Publikums-Reaktion verriet. Talk-Show-"Größen" wie Olaf Henkel ("Der Fleisch gewordene Talk-Show-Sessel") und der "Experte für alles", Hans-Werner Sinn vom "Institut für außerirdische Prognostik", hatte er dabei besonders im Visier ("und wenn sie nicht gestorben sind, dann schwafeln sie noch Übermorgen"). Der bayerische CSU-"Frontman" Markus Söder durfte aufgrund seiner oftmals bizarren politischen Äußerungen natürlich nicht unerwähnt bleiben: "Wenn du denkst, es geht nicht blöder, gibt es noch den Markus Söder".

Mit seiner Einschätzung über das Selbstverständnis der ziemlich unbedarft daher kommenden Piraten-Partei "Wir haben die Fragen, Sie haben die Antworten" war Schmickler noch lange nicht am Ende seines anspruchsvollen Programms. Dem Publikum gefiel's — sehr sogar. Duisburg und der Steinhof, ein offensichtlich gutes Pflaster für politisches Kabarett erster Güte.

(RP/rl)
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