Duisserner Espera-Werke suchen einen neuen Standort „Die fetten Jahre sind vorbei“

Marcus Korthäuer, Chef der Espera-Werke und Vorstand der Unternehmerverbandsgruppe, ist gegen Gewerbesteuer-Dumping.

 Mit den Espera-Ettikettiermaschinen ist das mittelständische Familienunternehmen weltweit erfolgreich.

Mit den Espera-Ettikettiermaschinen ist das mittelständische Familienunternehmen weltweit erfolgreich.

Foto: Espera/krischerfotografie

Waren Sie schon im Sommerurlaub?

Korthäuer Ich war eine Woche weg, mein Haupturlaub steht aber jetzt noch an. Mit meiner Familie geht’s auf die Insel Juist. Dort ist es einfach ideal zum Entspannen: keine Autos, nur Fahrräder und Pferde...

Machen Sie keine Flugreisen in den Urlaub?

Korthäuer Eher weniger. 80 Prozent der Tätigkeiten der Espera-Werke sind internationales Geschäft. Das ist für mich zwangsläufig mit vielen Flügen verbunden. Da brauche ich in meinem Urlaub nicht auch noch ständig zu fliegen.

Und was ist dann mit ihrem ökologischen Fußabdruck?

Korthäuer Den gibt es, keine Frage. Und das Thema Klimaschutz wird immer wichtiger. Auch in meinem Unternehmen legen wir natürlich großen Wert auf Effizienz und den sparsamen Umgang mit Ressourcen. Aber wir können deshalb nicht komplett auf Flugreisen verzichten. Auch im Zeitalter der Digitalisierung muss ich häufig selbst vor Ort in unseren Niederlassungen sein.

Die Gewerbesteuer ist ein wichtiger Faktor bei der Ansiedlung von Firmen. Sie ist in Duisburg ausgesprochen hoch. Wäre es besser, sie nach dem Vorbild Monheims deutlich zu senken?

Korthäuer Die Gewerbesteuer ist eine wichtige Einnahmequelle für eine Kommune und im Idealfall auch ein wirksames Steuerungsinstrument. Eines, das Duisburg wegen der Schuldensituation allerdings nicht nutzen darf. Ohne einen Schuldenschnitt wird sich das auch nicht ändern. Mit Gewerbesteuer-Dumping à la Monheim ist niemandem geholfen. Was wir brauchen, sind gleiche Voraussetzungen und ein fairer Wettbewerb. Das gilt nicht nur für Duisburg: Im Vergleich zu anderen Regionen ist der Gewerbesteuersatz im Ruhrgebiet insgesamt relativ hoch. Die Diskussion hat ja gerade noch einmal richtig an Schwung gewonnen.

Sie spielen auf die Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft an, das festgestellt hat, die Region Duisburg/Essen sei abgehängt. Finden Sie das auch?

Korthäuer Dabei handelt es sich um die Bewertung eines Ist-Zustandes anhand von zwölf Kennzahlen.
Die Baustellen, etwa die Altschulden, sind bekannt und an vielen wird auch gearbeitet – der Erkenntnisgewinn der Studie ist entsprechend überschaubar. Was komplett fehlt in der Betrachtung sind die dynamischen Indikatoren, die die vielen positiven Entwicklungen in Duisburg beschreiben. Trotz der Baustellen ist für mich das Glas halb voll. Mindestens.

Ist Duisburg eine wirtschafts- beziehungsweise unternehmerfreundliche Stadt?

Korthäuer Es hat sich viel getan in letzter Zeit. Ich denke etwa an den Masterplan Wirtschaft, bei dem Unternehmer, Institutionen und die Stadt gemeinsam daran arbeiten, den Wirtschaftsstandort Duisburg attraktiver zu machen. Da ist viel Vertrauen entstanden, der Oberbürgermeister und die Verwaltungsspitze setzen hier richtige Akzente. Unser Mitmachverein Wirtschaft für Duisburg ist in vielen guten Gesprächen mit den Verantwortlichen, da entwickelt sich etwas. Und je mehr sich entwickelt, desto besser ist es für die Einnahmeseite der Stadt durch mehr Arbeitsplätze und weniger Sozialausgaben. Das ist eine ganz wichtige Erkenntnis: Abseits der Schuldenproblematik hat die Stadt es ein ganzes Stück weit selbst in der Hand, durch vernünftige Rahmenbedingungen für die Wirtschaft die eigene Handlungsfähigkeit mittel- bis langfristig zu verbessern. Das wird leider oft vergessen, gerade auch in Wahlkampfzeiten.

Droht uns eine wirtschaftliche Rezession?

Korthäuer Alle wichtigen Wirtschaftsindizes deuten auf einen wirtschaftlichen Abschwung hin. Von Rezession möchte ich noch nicht sprechen, wohl aber von einer Delle, die wir in den vergangenen Jahren so nicht kannten. Wir befinden uns in schwierigem Fahrwasser.

Merken Sie das selbst auch für Ihr Unternehmen?

Korthäuer Das gilt gerade auch im Bereich der Metall- und Elektroindustrie, dort ging die Produktion um 4,9 Prozent zurück. Das ist bei uns nicht viel anders. Die fetten Jahre sind vorbei.

Was muss getan werden, um die Bedingungen zu verbessern?

Korthäuer Eine proaktive Wirtschaftspolitik, die verlässliche Rahmenbedingungen schafft, wäre ein guter Anfang. Ich kann eine solche in unserem Land aber nicht erkennen. So lange die Wirtschaft brummt, ist das ein Selbstläufer. Aber eine klare Digitalisierungsstrategie, Verbesserung der Infrastruktur, bessere Förderprogramme oder zielgerichtete und auf die Zukunft ausgerichtete Investitionen lassen auf sich warten.

Als Unternehmer könnte man antizyklisch reagieren und gerade jetzt investieren.

Korthäuer Wir tun das, denn die Espera-Werke müssen expandieren. Unsere Flächen an der Moltkestraße in Duissern, mitten in einem Wohngebiet, sind einfach zu klein geworden. Innerhalb der nächsten drei Jahre benötigen wir einen neuen Standort.

Sollte der wieder in Duisburg sein?

Korthäuer Das ist unser Ziel. Wir sind auch in Gesprächen mit der Stadt. Aber wir können nicht ewig warten. Da wäre es fahrlässig, keinen Plan B zu haben.

Die Espera-Werke gibt es seit 1924. Wie ist es gelungen, sich mit Wäge- und Etikettieranlagen weltweit auf dem Markt zu behaupten?

Korthäuer Indem wir eine ganz kleine Nische besetzt haben. Wir sind mit unseren Produkten in die Tiefe gegangen und haben uns einen Technologievorsprung erarbeitet. Seit acht Jahren digitalisieren wir das Unternehmen nun schon. 70 Prozent unserer Beschäftigten sind heute keine klassischen Maschinenbauer mehr, sondern Software-Ingenieure oder Programmierer. Kunden erwarten von uns eine Kommunikationsschnittstelle, die mit dem eigenen Warenwirtschaftssystem kommuniziert. Wir bieten keine reinen Anlagen mehr, wir bieten Lösungen.

Als Unternehmer haben Sie viel zu tun und wenig Zeit. Warum haben Sie zusätzlich noch das Amt des Vorstandsvorsitzenden der Unternehmerverbandsgruppe übernommen?

Korthäuer Wenn man etwas bewegen will, muss man sich auch engagieren. Und das am besten in einem guten und belastbaren Netzwerk wie unserem Verband. Es ist sehr positiv, mit Gleichgesinnten und in enger Zusammenarbeit mit Politik und Verwaltung die Dinge gemeinsam vorantreiben zu können.

Wenn Sie an Gespräche mit Unternehmerkollegen denken: Wo drückt der Schuh am meisten?

Korthäuer Das ist eindeutig die Bürokratie in Deutschland. Sie ist eine riesige Hürde, ein gefährlicher Bremsklotz. Die Herausforderungen ändern sich heute immer schneller. Da muss ich als Unternehmer direkt reagieren können. Und mit schnell meine ich bei großen Themen innerhalb eines Jahres. Das geht aber häufig nicht, weil Vorschriften und ineffiziente Abläufe mich ausbremsen. Diese Erfahrungen machen alle Unternehmen. Das ist für den Wirtschaftsstandort Deutschland eine existenzielle Gefahr.
Wir können uns das nicht mehr lange leisten, sonst werden wir von aufstrebenden Wirtschaftsnationen komplett abgehängt.

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