Duisburg Loveparade: Opfer wollen Antworten

Dominik P. (26) hat eine Menge Wut im Bauch. "Es ist unerträglich, dass noch niemand gesagt hat, was genau zur Katastrophe geführt hat." Der 26-Jährige und seine Freundin waren auf der Loveparade, als die Massenpanik ausbrach. Sie überlebten knapp.

Loveparade - 100 Tage nach der Katastrophe
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So wie das junge Paar fühlen viele Betroffene. Sie wollen Antworten. "Die Opfer möchten verstehen können, wie es zu der Tragödie kommen konnte", sagt der Duisburger Jürgen Hagemann vom Opferverein "Massenpanik Selbsthilfe". "Einen reinen Sündenbock fordern sie gar nicht", so Hagemann. Mehr als vier Monate nach der Katastrophe, bei der am 24. Juli 21 Menschen ums Leben kamen, informierte Hagemann gestern gemeinsam mit dem Journalisten Lothar Evers von der Internetplattform "docunews.org" auf einer Pressekonferenz im Restaurant "Der Kleine Prinz" über die Arbeit seines Opfer-Vereins. Noch immer seien viele Betroffene der Katastrophe traumatisiert. Jürgen Hagemann schätzt die Zahl der seelisch Verletzten auf 70 Prozent.

"Viele werden das Erlebte nie richtig verarbeiten können", sagt er. Vom Fernsehauftritt des Loveparade-Chefs Rainer Schaller am Donnerstagabend beim Jahresrückblick auf Sat.1 war Hagemann enttäuscht. "Seine Entschuldigungen hätten viel früher kommen müssen." So sei das nicht viel wert. Schaller hatte beim von Johannes B. Kerner moderierten Jahresrückblick "moralische Verantwortung" übernommen und sich bei den Opfern entschuldigt.

Regelmäßigen Kontakt habe Hagemann zu 90 Betroffenen. Vielen Opfern sei nach der Tragödie schnell und unbürokratisch geholfen worden. "Das Land NRW hat zügig Gelder bereitgestellt. Das hat gut funktioniert", lobt er. "Aber noch sehr vielen Opfern konnte bislang nicht geholfen werden. Dafür kämpfe ich." Deswegen sitzt Hagemann auch in der achtköpfigen Jury, die über die Gestaltung der Gedenkstele entscheidet. "Damit bin ich etwas wie die Stimme der Betroffenen." Es sind 39 Entwürfe von Duisburger Künstlern eingereicht worden. Mitte Dezember gibt das Gremium, dem auch Alt-OB Josef Krings (SPD) angehört, die Entscheidung bekannt. Die Skulptur ersetzt dann den Glaskubus.

Am 5. Februar, also etwa ein halbes Jahr nach der Katastrophe, wird es im "Kleinen Prinzen" eine "Loveparade-Konferenz" geben. Thema: Offene Fragen — Erste Antworten. Die Veranstaltung ist öffentlich.

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