Innenansichten Die Universität Duisburg-Essen (ude) Lernen, wie ein Unternehmen tickt

Duisburg · Auf dem Duisburger Campus der Uni gibt es eine "InnovationsFabrik" , wo Studierende mit "Gründergeist" ihr Rüstzeug zur Selbstständigkeit verbessern können. "Denken in Produkten" heißt der Ansatz der 2007 gegründeten Einrichtung.

 Prof. Dr. Volker Breithecker (links) und Thomas Nußbruch in der "InnovationsFabrik". Zwischen beiden hängt ein "Dummy" in einem speziellen Seilzugroboter, mit dessen Hilfe man querschnittsgelähmte Patienten in eine aufrechte Position bringen kann.

Prof. Dr. Volker Breithecker (links) und Thomas Nußbruch in der "InnovationsFabrik". Zwischen beiden hängt ein "Dummy" in einem speziellen Seilzugroboter, mit dessen Hilfe man querschnittsgelähmte Patienten in eine aufrechte Position bringen kann.

Foto: martin büttner

Vor 20 Jahren machte man sich an der Universität in Duisburg Gedanken darüber, wie man arbeitslosen Akademikern helfen kann. Dabei hatte man wohl den Prototypen vor Augen, der sich mit "Philosoph - arbeitslos" vorstellt. Das Problem, dass einige Uni-Absolventen keine Arbeit finden können, ist zwar noch nicht gelöst, aber die Strategien der Uni, Forschung und Arbeitswelt zusammenzubringen, sind heute viel offensiver und optimistischer als die braven "reaktiven" Bestrebungen von früher.

Ein Beispiel für diesen neuen Schwung raus aus dem akademischen Elfenbeinturm ist die so genannte "InnovationsFabrik", deren Räume im Uni-Gebäude SG an der Geibelstraße 41 in Neudorf zu finden sind. Der Diplom-Geograf Wolf-Thomas Nußbruch und der Betriebswirtschaftler Prof. Dr. Volker Breithecker sind die beiden leitenden und höchst engagierten Köpfe der landesweit einmaligen "Fabrik", die wiederum mit weiteren Angeboten und Projekten der Uni verlinkt ist. Dabei sprechen Nußbruch und Breithecker immer wieder von "Kreativität" und "neuen Denkwegen".

In der InnovatonsFabrik der Uni stehen fünf Fragen im Mittelpunkt: 1. Wie lässt sich Grundlagenforschung für innovative Produktideen nutzen? 2. Wie macht man Forschungsergebnisse sicht- und erfahrbar? 3. Wie finden neue Anwendungen den Weg in die Wirtschaft? 4. Wie lässt sich das Marktpotenzial neuer Forschungen abschätzen? 5. Wie nutzt man nachhaltig das Kreativpotenzial und den Gründergeist der Wissenschaftler und Studierenenden?

Das Besondere an der Innovationsfabrik ist der fächerübergreifende Ansatz. Es gehe darum, "in Produkten zu denken", nicht in Fachdisziplinen, sagen Nußbruch und Breithecker. Ein Mittel dazu sind die so genannten "Innovationswerkstätten". Darin entwickeln Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen und auch kultureller Hintergründe Produktideen, Modelle oder Lösungsansätze zu höchst unterschiedlichen Fragestellungen. Da könnten Wirtschaftswissenschaftler, Ingenieurwissenschaftler, Physiker, Mathematiker, Maschinenbauer, Mediziner und auch Geistes- und Gesellschaftswissenschafler durchaus gemeinsam daran arbeiten, wie aus einer mehr oder weniger vagen (Geschäfts-)Idee ein Produkt werden kann.

Thomas Nußbruch, der früher die Transferstelle der Uni in Duisburg geleitet hatte und der viel Erfahrung bei der Vermittlung von Uni-Wissen und Berufswelt hat, ist kein bisschen erstaunt, wenn beispielsweise Geisteswissenschaftler und Ingenieure zusammen einen zunächst vagen Einfall in eine interessante Geschäftsidee und dann in ein Produkt verwandeln, das markttauglich ist. Dabei verweist er auf die neuen Möglichkeiten der Informationstechnologie mit ihren Apps oder sonstigen Errungenschaften. "Weshalb sollte ein Geisteswissenschaftler nicht eine gute Idee haben, für deren Umsetzung er aber einen Ingenieur braucht?", so Nußbruch.

Naheliegend ist die Zusammenarbeit von Medizinern mit Ingenieuren oder Material-Experten. In der InnovationsFabrik hängt ein "Dummy" in einem Gestell. Es handelt sich dabei nicht um die Präsentation von Gerätschaften eines Fallschirmspringers, vielmehr geht es um einen an der Uni interdisziplinär entwickelten speziellen Seilzugroboter, mit dessen Hilfe Schwerverletzte oder Querschnittsgelähmte in eine aufrechte Position gebracht werden können.

Die Vorrichtung kann sowohl zur Erleichterung der Pflege als auch zu therapeutischen Zwecken genutzt werden. Eine interessante Initiative der UDE ist in diesem Zusammenhang das "InnovationsScouting". Dabei führen praxiserfahrende "Industriedesigner" in den einzelnen Fakultäten der Hochschule Erkundungsgespräche, bei denen es darum geht, Forschungsergebnisse auf ihre Möglichkeit zur marktorientierten Produktion zu überprüfen.

Herausgekommen ist dabei beispielsweise der Prototyp eines kleinen Roboters, der wie ein Stehaufmännchen konzipiert wird und der zur Pflege eingesetzt werden kann, oder eine Mikrobrennstoffzelle, mit der Handys, GPS-Empfänger oder Lampen über Wochen aufgeladen werden können. Gewissermaßen Geburtshelfer war die InnovationsFabrik und die mit ihr verbundenen Einrichtungen beim "NEMOS-Projekt", das von Jan Peckolt, einem international erfolgreichen Segler und zugleich Student der Schiffstechnik, Meerestechnik und Transportsysteme an der UDE im Rahmen einer Doktorarbeit entwickelt wurde. Dabei geht es darum, mit der Kraft von Meereswellen Elektro-Energie zu entwickeln. Das Projekt wurde mit dem RWE-Zukunftspreis, der mit 12 000 Euro dotiert ist, ausgezeichnet.

Eng mit der InnovatonsFabrik ist das von Prof. Volker Breithecker ins Leben gerufene "small business management" verbunden, das Studenten und anderen Interessierten jenes geschäftliche Wissen vermitteln soll, das Existenzgründer, selbstständig Arbeitende, aber auch Quereinsteiger oder Nachfolger in einem Familienbetrieb haben sollten. Was man dort erfahren kann, fasst Breithecker in einem Halbsatz zusammen: "Lernen, wie ein Unternehmen tickt."

(RP)
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