Duisburg Lehrer sollen Studenten begeistern

Duisburg · Viele offene Stellen an Duisburgs Grundschulen bleiben unbesetzt. Eltern beklagen sich über Unterrichtsausfall. Uni, Schulamt und Kommunalpolitiker entwickeln Ideen zur Verbesserung der Lage.

Uni-Rektor Ulrich Radtke berichtete jüngst vor Duisburger Kommunalpolitikern von einer bemerkenswerten Untersuchung: Befragt wurden junge Leute vor ihrem Eintritt in die Arbeitswelt, wie sie sich ihre berufliche Zukunft wünschen. Die erstaunliche Antwort: 40 Prozent der Befragten gaben an, irgendwann als Beamte ihr Geld verdienen zu wollen. Ganz unabhängig davon, in welchem verbeamteten Beruf das denn nun sein soll. Das sei natürlich nicht ehrenrührig, so Radtke, schließlich sei er selber ja auch Beamter. Aber dass die Jugend den beruflichen Sicherheitsaspekt so hoch bewertet, sei schon ein deutlicher Unterschied zu den einstigen Berufswünschen seiner Generation.

Radtkes Betrachtung geschah im Unterausschuss Universität, der dem regulären Schulausschuss der Stadt zugeordnet ist. Und wieder einmal stand auf der Tagesordnung der eklatante Lehrermangel, besonders an den Duisburger Grundschulen. Dabei, so die Brücke zur von Prof. Radtke zitierten Studie, sind Lehrer Beamte. Im Ausschuss ging es diesmal aber nicht nur um eine Bestandsaufnahme des beklagenswerten Ist-Zustandes, vielmehr wurde als Tischvorlage ein Papier mit verschiedenen Handlungsmöglichkeiten verabschiedet, wie die Unterversorgung mit Lehrerinnen in Duisburg behoben werden kann. Die wichtigsten Vorschläge, die nun vorliegen, sind:

Die Duisburger Schulen sollen im Rahmen der Erstsemesterbegrüßung beim "Markt der Möglichkeiten" mit einem eigenen Infostand vertreten sein. Dabei soll das Zentrum für Lehrerbildung der Universität besonders seine Kooperationsschulen miteinander in Kontakt bringen. Auch das städtische Schulamt soll künftig bei den Schulen für diese Form der Selbstvorstellung werben. Zugleich werden die Schulen aufgefordert, auf ihrer Homepage ihr besonderes Profil "sichtbar" zu machen.

Die Universität führt jährlich für Fachdidaktiker einen "Tag der Lehrerbildung" durch, an dem aktuelle Themen der Lehrerbildung der Universität im Mittelpunkt stehen. Dieser Tag, so eine Empfehlung, könnte zu einer Art Schulbörse erweitert werden, an der Duisburger Grundschulen beteiligt sind, die im Rahmen dieser Veranstaltung eigene Projekte vorstellen können.

In eine ähnliche Richtung zielt die Aufforderung an Duisburger Schulen, sich bei der Vergabe von Praxissemestern ins Gespräch zu bringen. Die Hoffnung ist, dass Studenten, die ihr fünfmonatiges Pflichtpraktikum an einer Duisburger Schule absolviert haben, sich später auf eine Duisburger Lehrerstelle bewerben. Konkret wird vonseiten der Uni vorgeschlagen, dass die Schulen selber auf ihren Homepages einen "Praxissemester-Werbeblock" einführen.

Eine weitere Empfehlung des Ausschusses ist, dass engagierte Vertreter von Duisburger Schulen vor Lehramtsstudenten Vorträge halten. Dabei sollen Studierende für die Herausforderungen in Duisburg gewonnen werden. Im Arbeitspapier des Ausschusses heißt es: "Wer für einen Standort 'brennt', kann diese Begeisterung leichter auch auf andere übertragen." Ausdrücklich wird vermerkt, dass diese Vorträge keine Werbeveranstaltungen sein sollen, sondern es sollen Lehrkräfte in direkten Kontakt mit Studierenden kommen und sie für das Lehren mit Erfahrungsberichten sensibilisieren und begeistern.

Eine einfach umzusetzende Empfehlung ist, dass bei den Tagen der offenen Tür, die die meisten Schulen jährlich durchführen, ausdrücklich auch Studenten eingeladen werden.

Neben diesen Vorschlägen, die auf Aktivitäten von Schulen, Schulamt und Stadt zielen, diskutierten die Ausschussmitglieder auch Punkte, für die Land und Bund zuständig sind. Dazu gehören vor allen Dingen zwei Forderungen: Es muss künftig auch möglich sein, dass Lehrer einer bestimmten Schule zugewiesen werden und dass die freie Schul-Wahl für Lehrer eingeschränkt wird. Außerdem müssten Grundschullehrer besser bezahlt werden...

Wie brisant die Situation an Duisburger Grundschulen derzeit ist, machte Annette Quent-Langer vom Schulamt deutlich: Die Eltern seien heutzutage beim Thema Unterrichtsausfall hochsensibilisiert. Wenn ein Lehrer den Unterricht ausfallen lässt, um an der Universität vor Studenten zu sprechen, dann werde dieser Unterrichtsausfall von vielen Eltern nicht akzeptiert, obwohl die Schule auf lange Sicht von dieser Freistellung des Lehrers für den Vortrag profitieren könnte. "Doch wir bekommen Beschwerdebriefe", so Quent-Langer.

(pk)
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