Laternen-Kultur in Duisburg Das verschwundene „Reich der Lichter“

Serie | Duisburg · Gaslaternen verbreiteten einst ein romantisches Licht in Duisburg. Mit der Umstellung auf elektrische Beleuchtung verschwand auch der Laternenanzünder. Ein Blick in die Geschichtsbücher.

 Eine Hommage an den Laternenanzünder: Der Latäänen Pit in Mülheim (links); rechts oben: René Magrittes Bild „Im Reich der Lichter“; unten rechts: die Ruhrorter Altstadt.

Eine Hommage an den Laternenanzünder: Der Latäänen Pit in Mülheim (links); rechts oben: René Magrittes Bild „Im Reich der Lichter“; unten rechts: die Ruhrorter Altstadt.

Foto: Stadtarchiv

René Magrittes Bild „Im Reich der Lichter“ zeigt, wie das Licht einer Gaslaterne vor einem Haus, eine besondere Atmosphäre entstehen lässt.  Auch das „Laternenlied Lili Marleen“ weckte im Zweiten Weltkrieg Emotionen, die eng mit der Romantik des goldgelben Gaslichts verbunden waren. Die historische Erinnerung an ein verschwundenes Kulturgut bleibt in Filmen, Bildern und Archivalien präsent. Eine ganz anrührende Geschichte findet sich im Nachlass von August Seeling. Hier forderte 1979 eine Initiative den Erhalt der Gaslaternen Nr. 17, so der Leiter des Stadtarchivs Andreas Pilger. Die befand sich an der Ecke Tiergartenstraße/Menzelstraße.

Duisburger Schüler sorgten sich, dass „unser freundlicher Laternenanzündermann arbeitslos“ wird. Der fuhr damals zwar nur zur Kontrolle Patrouille, denn das An- und Ausschalten der Laternen wurde mit wechselndem Druck in den Leitungen und einem Mechanismus in den Laternen geregelt. Der Protest half nichts, Anfang der 80er Jahre endete in Duisburg die Ära der Gaslaterne.

Rückblickend ist es heute kaum vorstellbar, dass bis ins Jahr 1818 Duisburg eine Stadt ohne Licht war. Nur ein paar Öllaternen spendeten trübes Licht. In England war man fortschrittlicher. Dort wurde bereits 1814 die erste Gaslaterne entzündet.  Namhafte Duisburger Unternehmer ergriffen die Initiative und gründeten 1854 eine private Gas-Gesellschaft, die sich gegenüber der Stadt verpflichtete, Abnehmer mit Gas für „Beleuchtungs- und Kraftzwecke“ zu versorgen. Das Gaswerk am Kalkhof entstand auf dem heutigen Gelände der Grundschule an der Klosterstraße im Marienviertel (hinter dem heutigen Knüllermarkt). Die Umweltbelastung im Innenstadtbereich war damals bereits ein Thema, so dass etwa 1870 der Umzug nach Hochfeld erfolgte.  Doch die hohen Gaspreise sorgten bei den Bürgern für Unmut. Daraufhin kaufte die Stadt 1880 den elf Gesellschaftern die „Duisburger Gas-Erleuchtungsanstalt“ ab.  Man setzte auf den Ausbau der Gasbeleuchtung in städtischer Regie zu günstigeren Preisen.

Ein weiterer Grund, die Straßen systematisch auszuleuchten, war die Eindämmung nächtlicher Kriminalität und Prostitution. Von einer hell erleuchteten Stadt konnte allerdings nicht die Rede sein. Noch im Jahr 1884 erstellte die Verwaltung einen Beleuchtungsplan, der die Mondphasen berücksichtigte – bei Vollmond spendeten die Gaslaternen aus Kostengründen kein Licht. Der Gasabsatz entwickelte sich aus Sicht der Stadt zufriedenstellend, aber der Energieträger Elektrizität fand bei den Verbrauchern immer mehr Befürworter. Die Stadt zögerte.  Man befürchtete gravierende Umsatzeinbußen beim Gasverbrauch durch elektrische Beleuchtungssysteme. Erst 1903 nahm das Elektrizitätswerk für ganz Duisburg seinen Betrieb auf.  In Duisburg wurden über viele Jahrzehnte beide Energieträger für Beleuchtungszwecke parallel genutzt; die elektrische Beleuchtung setzte sich letztendlich durch.

Heute können Besucher des Stadtmuseums zumindest noch ein Gaslaternen-Exemplar bewundern. „Es handelt es sich um eine Schinkelleuchte, Modell Alt-Düsseldorf, diese Lampen waren seit 1866 in Düsseldorf in Betrieb“, erklärt Andrea Gropp, stellvertretende Museumsleiterin. Was viele nicht wissen: Düsseldorf ist eine der wenigen Städte, die noch über ein funktionierendes Gaslaternennetz verfügen.

Liebhaber der Gaslaterne schätzen ihr sanftes Licht, weil sie ein historisches Flair transportieren. Unsere Nachbarstadt Mülheim hat dem Laternenanzünder sogar ein Denkmal gesetzt. Der Latäänen Pit, eine Bronzeskulptur, leuchtet den Mülheimern auf dem kleinen Platz Ecke Friedrichstraße und Bachstraße heim. In Duisburg liefern Leuchten in historischer Gestalt sanftes Licht.

Quellen: Walter Ring, Von der Öllaterne zur Leuchtstoffröhre, 1854-1954, Ruhrort-Bilder Stadtarchiv Duisburg. Objektbeschreibung Stadtmuseum

Tipp: Laternenanzünder-Führung durch das abendliche Ruhrort, 7. April 2022, 20.15-21.45, Neumarkt 2, Anmeldung über VHS

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort