Duisburg Kulturgeschichte in Bronze

Duisburg · St. Maximilian hat seine "Thusnelde"-Glocke nach neunmonatiger Ausleihzeit auf der Zeche Zollverein wieder. Zugleich wächst der Widerstand gegen die mögliche Kirchenschließung in Ruhrort.

 Das ist die Namensgeberin der Glocke: Thusnelde Emilie Haniel, spätere Thusnelde Cockerill.

Das ist die Namensgeberin der Glocke: Thusnelde Emilie Haniel, spätere Thusnelde Cockerill.

Foto: Haniel-Archiv

Sie ist zurück, die Glocke "Thusnelde" von St. Maximilian zu Ruhrort, und steht nun wieder im Eingangsbereich der Kirche. Knapp neun Monate lang war sie ausgeliehen worden vom Essener "Ruhr Museum" auf Zeche Zollverein. "Der geteilte Himmel. Reformation und religiöse Vielfalt an Rhein und Ruhr" hieß nämlich eine Ausstellung vom 3. April bis 31. Oktober dort, um zum Reformationsjubiläum mit bedeutenden kulturhistorischen Exponaten das Verhältnis und das Zusammenleben der unterschiedlichen Religionen und Konfessionen an Rhein und Ruhr zu dokumentieren.

Die historische Besonderheit der besagten Kirchenglocke wird damit begründet, dass der protestantische Unternehmer Franz Haniel für seine einzige Tochter, Thusnelde Emilie Haniel, anlässlich ihrer Geburt am 1. Februar 1830 eine Glocke als Geschenk für die neue katholische Pfarrkirche St. Maximilian hat anfertigen lassen. Das mit einem Durchmesser von 45 Zentimetern ausgestattete, 52 Zentimeter hohe und 70 Kilogramm schwere Bronzegeläut musste aber seitens der Ruhrorter Gemeinde mit Beginn des Ersten Weltkriegs veräußert werden. Seine neue Heimat wurde eine Behelfskirche in Moers-Hochstraß. Dort blieb das Geläut bis zum Jahre 1951. Das "Angelusglöckchen", wie die Glocke "Thusnelde" einst in Ruhrort genannt wurde, weil sie dreimal täglich zum Angelusgebet rief, gelangte später nach Dülmen. Hiernach verliert sich ihre Spur und sie galt fortan als verschollen.

Deshalb stiftete Haniel der Ruhrorter Kirchengemeinde 1984 erneut eine Glocke, die allerdings unter dem Namen "Thusnelda" (und nicht "Thusnelde" - warum, weiß keiner) seitdem als eine von vier Glocken im Turm von St. Maximilian hängt und schlägt. Doch 2002 tauchte die richtige "Thusnelde"-Glocke bei einem Antiquitätenhändler in Marburg wieder auf. Haniel kaufte das alte Stück und schenkte es am 1. Februar 2003, dem 173. Geburtstag von Thusnelde Cockerill, wie die Haniel-Tochter nach ihrer Heirat mit dem Aachener Heinrich Cockerill dann hieß, erneut der katholischen Kirchengemeinde in Ruhrort.

"Die Geschichte dieser Odyssee, wie vor allem die kulturhistorisch wertvolle Bedeutung der 'Thusnelde'-Glocke selbst, strahlt - wie man sieht - weit über den Hafenstadtteil hinaus", sagte der stellvertretende Kirchenvorstandsvorsitzende Dieter Siegel beim Rückführungstermin. "Damals, wie heute, engagieren sich Gemeinde, Bürgerschaft und Unternehmen in Ruhrort gleichermaßen für ihr Gotteshaus", so Siegel weiter. Derartiges sehe man augenblicklich in der Auseinandersetzung um die drohende Schließung der "Maxi"-Kirche, wo mittlerweile weit mehr als 3000 Menschen eine Petition zum Erhalt der beliebten Einrichtung unterschrieben und mehrere Firmen und Vereine Briefe an das Bistum Essen eingereicht hätten.

Dass der Ruhrorter Widerstand in dieser Sache vielleicht doch zu einem guten Ende führen könnte, zeigt ein Brief des Bistums Essen vom 9. November, in dem es wortwörtlich heißt: "Der Pfarreientwicklungsprozess in der Pfarrei St. Michael (zu der auch die Gemeinde St. Maximilian zählt und damit zum Bistum Essen - Anmerkung der Redaktion) ist formal noch nicht abgeschlossen. Eine Schließung der St.-Maximilian-Kirche wird in der Koordinierungsgruppe nicht erwogen. Im Gegenteil: Die Verantwortlichen vor Ort wollen die Kirche St. Maximilian mittelfristig erhalten."

(RP)
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