Serie Krupp-Arbeitskampf Kruppianer waren stolz auf "ihr" Werk

Duisburg · Krupp war Rheinhausen, und Rheinhausen war Krupp. Ohne das einstige Hüttenwerk wäre der heutige Stadtbezirk im Duisburger Westen wohl niemals entstanden.

Noch Ende des 19. Jahrhunderts war die idyllische Landschaft der linksrheinischen Rheinaue ländlich-dörflich geprägt. Die wenigen Dörfer, zu denen auch Friemersheim und Bliersheim gehörten, hatten damals nicht mehr als 5500 Einwohner. In den 60-er Jahren des 20. Jahrhunderts arbeiteten bis zu 16000 Menschen im Rheinhauser Hüttenwerk. Das zeigt schon die immense Bedeutung der Montanindustrie für die Stadt und ihre Menschen. Es war Friedrich-Alfred Krupp — an den heute noch die Friedrich-Alfred-Straße in Rheinhausen erinnert — der 1893 die Planung für ein integriertes Hüttenwerk vorantrieb.

Die günstige Lage am Rhein und die beiden Steinkohlezechen Diergardt und Mevissen boten allerbeste infrastrukturelle Voraussetzungen. Krupp nutzte dies aus und wählte gleich die ganz große Lösung mit fünf Hochöfen zur Roheisenerzeugung. Die Weiterverarbeitung in den seinerzeit wohl weltbesten Stahl in einem Thomaswerk mit drei Konvertern sowie einem Walzwerk und Produktionsstraßen für Eisenbahnschienen konnte auf dem selben Werksgelände realisiert werden.

Dem zunächst unaufhaltsam erscheinenden industriellen Fortschritt fiel das Dorf Bliersheim zum Opfer. Nur die verfallenen Bliersheimer Villen auf dem heutigen Logport-Gelände erinnern noch an das einstige Dorf. Bis zum Ersten Weltkrieg wurden die Hüttenwerke Rheinhausen zum größten Eisen- und Stahlstandort Europas mit zehn Hochöfen, einem Thomas-Stahlwerk mit sechs Konvertern, zwei Martin-Stahlwerken mit insgesamt acht Öfen sowie zahlreichen weiteren Produktionsanlagen.

In den 20er Jahren und der Weltwirtschaftskrise kam es zum Niedergang des Werkes. 1930 liefen nur noch zwei Hochöfen. Nicht zuletzt die stark ansteigende Rüstungsproduktion in den Folgejahren sorgten während des Nationalsozialismus für einen Aufschwung und stetig steigende Produktionszahlen. Im Krieg wurde das Werk weitgehend von Bombardierungen verschont, und schon im November 1945 wurde der Betrieb unter der Kontrolle der Siegermächte wieder aufgenommen. Ins Krupp-Imperium wurde das Hüttenwerk Rheinhausen aber erst im Jahr 1961 wieder aufgenommen.

Bereits 1923 hatten sich die Dörfer um das Werk herum zur Landgemeinde Rheinhausen zusammengeschlossen. 1934 wurde diese Landgemeinde zur Stadt erhoben, 1939 hatte die Stadt bereits 46000 Einwohner, zehn Jahre später bereits 50000. Tausende von Menschen waren vom Niederrhein nach Rheinhausen gezogen, weil es hier gut bezahlte Arbeit gab. Und auch aus Oberschlesien fanden viele Arbeitssuchende den Weg an den Rhein.

Das Unternehmen sorgte von Anfang an dafür, dass es den Beschäftigten weitaus besser ging als vorher. Das fing schon mit dem Wohnraum an: Die Margarethensiedlung galt als Mustersiedlung für Stahlarbeiter, der Bahnhof am Werkstor 1 sorgte für eine Verkehrsanbindung, und das mit Firmengeldern errichtete Bertha-Krankenhaus wurde nach Krupps Tochter benannt. Zahlreiche soziale Einrichtungen sorgen nicht zuletzt dafür, dass die Arbeiter stolz darauf waren "Kruppianer" zu sein. Eine Haltung, die sich viele ehemals Beschäftigten, etwa von der Vereinigung der Krupp-Pensionäre, bis heute erhalten haben. So durften in den Konsumgeschäften nur Werksangehörige und ihre Familien einkaufen.

Es gab einen eigenen Firmenkindergarten, eine Bücherei, eine Großwäscherei und mit dem Krupp-See eine eigene Badeanstalt. Gerade in der Anfangszeit forderte die Umweltverschmutzung ihren gesundheitlichen Tribut der Arbeiter. Von Krupp eingerichtete Kuranlagen in Luftkurorten sollten für Erholung der Beschäftigten sorgen. Das alles sorgte für eine besonders hohe Identifikation der Arbeitnehmer mit ihrem Unternehmen. Um so schlimmer traf die Rheinhauser das Ende des Hüttenwerkes.

(RP/ac)
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