Duisburg Kostenexplosion und Korruptionsverdacht bei NRW-Landesarchiv

Düsseldorf · Das neue NRW-Landesarchiv in Duisburg sollte ein Leuchtturmprojekt für das Ruhrgebiet werden. Nun steht es für Kostenexplosion und Korruptionsverdacht.

Hier wird das neue NRW-Landesarchiv gebaut
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Bei der Standortentscheidung für das als Millionengrab bekanntgewordene NRW-Landesarchiv in Duisburg hat es eine Reihe von Auffälligkeiten gegeben. Darauf hat ein Prüfer des Landesrechnungshofs am Freitag den Untersuchungsausschuss des Landtags hingewiesen. "Es ist viel zu wenig dokumentiert worden. Man kann die Geschehnisse dadurch nicht nachvollziehen, obwohl es eine Dokumentationspflicht gibt", sagte der Zeuge. "Das hat der Möglichkeit Tür und Tor geöffnet, dass einige Leute daran verdienen konnten."

So seien verschiedene Standorte für die millionenschwere Investitionsentscheidung - einer in Düsseldorf und vier im Ruhrgebiet - zwar mit Punktwerten versehen worden, es sei aber völlig unklar, wie diese Zahlen zustande gekommen seien. Darüber sei nichts hinterlegt.

Nach mehreren anderen Standorten sei im August 2006 plötzlich der Duisburger Innenhafen ins Gespräch gebracht und mit der höchsten Punktzahl versehen worden. Wieso der Standort plötzlich als günstigster ausgewiesen wurde, sei ebensowenig nachvollziehbar. Die Bausubstanz des auf den fraglichen Grundstücken stehenden Getreidespeichers sei nicht untersucht worden.

Es sei nicht einmal klar ersichtlich, wann die Entscheidung getroffen wurde, das Archiv in Duisburg zu bauen. Es müsse aber spätestens bei einer hochkarätigen Gesprächsrunde in der Staatskanzlei am 31. Januar 2007 gewesen sei, denn danach sei der Stadt Duisburg der Auftrag erteilt worden, die Grundstücke zu kaufen.
Ein Notartermin sei dann aber geplatzt, weil der Grundstückseigentümer doch lieber an einen Privatinvestor verkaufen wollte.

Warum die Stadt daraufhin ihr Vorkaufsrecht nicht ausgeübt habe, sei unklar. "Die Hafengesellschaft hätte die Grundstücke für 3,85 Millionen Euro erwerben können." Der landeseigene Bau- und Liegenschaftsbetrieb BLB habe schließlich einen Mietvertrag mit dem Privatinvestor abgeschlossen, vor dem der Chef-Justiziar des BLB eindringlich gewarnt habe. Er enthalte große Risiken. Dennoch habe der BLB-Geschäftsführer den Mietvertrag abgeschlossen. "Als die Staatskanzlei schließlich über die Kostensteigerungen informiert wurde, war es zu spät. Da konnte man nicht mehr zurück."

Im Zusammenhang mit diesem und anderen Bauprojekten des Landes ermittelt die Wuppertaler Staatsanwaltschaft wegen Korruptionsverdachts. Allein beim Neubau des Landesarchivs soll dem Steuerzahler ein dreistelliger Millionenschaden entstanden sein.

Die Bauvorhaben sollen regelmäßig verraten und die Grundstücke aufgekauft worden sein. Mit erheblichen Aufschlägen soll der BLB sie dennoch erworben haben. Aus den Aufschlägen sollen millionenschwere Schmiergeldtöpfe gespeist worden sein. Als Hauptverdächtiger gilt der entlassene BLB-Chef Ferdinand Tiggemann. Sein Anwalt hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Der Untersuchungsausschuss will zunächst klären, warum die Kosten für den Archiv-Neubau von einst veranschlagten 30 Millionen Euro auf rund 200 Millionen Euro gestiegen sind.

(lnw)
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