Rp-Serie Duisburger Geschichte Und Geschichten Kopernikus ist in Hamborn sichtbar

Duisburg · Zitate und großformatige Planetenbahnen schmücken die Außenfassaden der Wohnhäuser der Gebag an der Kopernikusstraße. Der Duisburger Historiker Jonas Krüning vergleicht Kopernikus mit Mercator.

Eine Hommage für Nikolaus Kopernikus, auf den das heliozentrische Weltbild zurückgeht: Die Planeten kreisen um die Sonne, nicht - wie von der katholischen Kirche angenommen - um die Erde. Die kreative Fassadengestaltung in Hamborn inspirierte den Historiker Jonas Krüning zu einer historischen Recherchearbeit über den großen Gelehrten, der in Konflikt mit der kirchlichen Lehre geriet.

Der deutschsprachige Kopernikus (1473-1543) mit polnischen Vorfahren stammte aus Torun (Thorn) und starb im Alter von 70 Jahren in Frombork (Frauenburg). Das Umfeld des jungen Kopernikus war wohlhabend und gebildet. Die Städte Thorn und Frauenburg liegen in Polen und hatten sich 1467 dem polnischen König als Schutzherrn unterstellt. Der Streit um Herkunft und Schreibweise des Kopernikus kochte kürzlich zwischen Deutschland und Polen wieder hoch. Das böse Wort vom Geschichtsrevisionismus machte die Runde. Der Anlass: Die Benennung des europäischen Umwelt-Überwachungssystems GMES. Es soll nach dem Astronomen Nikolaus Kopernikus mit deutscher Schreibweise benannt werden. Doch die Polen favorisierten die polnische Schreibweise : Mikolaj Kopernik. Das Überwachungssystem GMES heißt nunmehr Copernicus - nun ja, die latinisierte Fassung seines Namens hat ja auch Gerhard Mercator bevorzugt.

Jenseits des eher kleinkariert anmutenden Namensstreits weist die Biografie des Kopernikus viele interessante Stationen auf - man muss sich nur die Texte und Zitate an den Fassaden der Wohngebäude anschauen. Er studierte in Krakau, Bologna und Padua, besuchte Vorlesungen über Medizin, Rechtswissenschaften, Astronomie und antike Sprachen, erklärt der Experte Jonas Krüning sachkundig. Nikolaus Kopernikus wurde als Kirchenrechtler der Universität Ferrara promoviert und im Verlauf seiner beruflichen Karriere zum Kanzler des Domkapitels in Frauenburg (Ostpreußen, heute Woiwodschaft Ermland-Masuren). Als rechte Hand des Bischofs gehörte Kopernikus zur privilegierten Oberschicht. Neben seinen administrativen Aufgaben publizierte er Bücher aus dem Bereich Ökonomie mit dem Schwerpunkt Münzwesen, Kartographie und Astronomie. Berühmtheit erlangte er durch sein Werk "De Revolutionibus Orbium Coelestium" und dem darin beschriebenen heliozentrischen Weltbild. Dass er sich als Kanzler des Domkapitels entschloss, sein dem kirchlichen Dogma widersprechendes Werk zum Druck in Nürnberg freizugeben, macht ihn zu einem intellektuellen Revolutionär der Moderne.

An einigen Stationen des Rundgangs im Kopernikusviertel zieht der Historiker Krüning einen Vergleich mit dem Kartografen und Globenbauer Gerhard Mercator. Der studierte Zeit seines Lebens Kopernikus' Hauptwerk "de revolutionibus" in seiner Werkstatt an der Duisburger Oberstraße, in dem nicht mehr die Erde, sondern die Sonne im Mittelpunkt des Kosmos stand. Aber im 16. Jahrhundert war es gefährlich, sich für das neue Weltbild offen zu positionieren. Mercator hielt sich auffällig zurück. Er hatte miterlebt, wie die Inquisition Ketzer auf dem Scheiterhaufen hinrichtete.

Vielleicht wollte Mercator auch nur Rücksicht auf das theologische Umfeld anderer Akteure nehmen: Luther wie auch Melanchthon lehnten die Ideen des Kopernikus mit massiver Wortwahl ab. Glaube und Wissenschaft erzeugen bis heute unversöhnliche Konfliktlinien. Beispiel: Klimawandel. "Zu Fakten gibt es keine Alternative" war jüngst ein Motto der weltweiten "Märsche für die Wissenschaft". Die Sorge, dass "alternative Fakten" fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse leugnen, erscheint lange nach Kopernikus hochaktuell.

"Letztendlich verdanken wir den Durchbruch zum neuen Weltbild Nikolaus Kopernikus. Die Fassadengestaltung in Hamborn ehrt eine Persönlichkeit, die den Durchbruch zu einem neuen Weltbild eingeleitet hat", resümiert Jonas Krüning.

Tipp zur Anfahrt: Die Wohngebäude der GEBAG mit der künstlerischen Fassaden- und Außengestaltung befinden sich auf der Kopernikusstraße 97-113.

(RP)
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