HIV-Konferenz in Duisburg „Diskriminierung ist überall“

Duisburg · Von Donnerstag bis Sonntag finden in Duisburg die „Positiven Begegnungen“ statt. Bei der europaweit größten Konferenz HIV-Infizierter wollen die Organisatoren auf die vielfältigen Probleme der Betroffenen aufmerksam machen.

 Die Rote Schleife steht weltweit für Solidarität mit HIV-positiven und aidskranken Menschen.

Die Rote Schleife steht weltweit für Solidarität mit HIV-positiven und aidskranken Menschen.

Foto: dpa-tmn/Oliver Berg

Rund 91.000 Menschen in Deutschland sind mit HIV infiziert. Doch die medizinischen Folgen der Erkrankung sind mittlerweile für viele Betroffene nicht mehr das allergrößte Problem. „Uns eint, dass wir medizinisch zwar heute sehr gut leben können, aber immer noch sehr viel Diskriminierung erleben“, sagte Heike Gronski am Mittwoch in Duisburg. Dort ist sie von Donnerstag bis Sonntag die Leiterin von „Positive Begegnungen“, der laut Deutscher Aidshilfe (DAH) größten Konferenz Europas zum Leben mit HIV.

Bis zum 10. Juli sollen in Duisburg knapp 400 Menschen unter dem Motto „Gemeinsam Unterschiede feiern – sichtbar, streitbar, stark“ aufeinandertreffen und über das Leben mit HIV und Strategien gegen Diskriminierung ins Gespräch kommen. Schirmherrin der Veranstaltung ist Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. „Keinen zurücklassen, niemanden verurteilen – mit diesem Ansatz hat die Aidshilfe deutschlandweit viel Vertrauen aufgebaut“, lässt Bas sich in einem Grußwort zur Veranstaltung zitieren. „Wer alle Betroffenen erreichen will, muss die Vielfalt unserer Gesellschaft anerkennen und in ihr einen Gewinn sehen.“

Und vielfältig, das sind die Teilnehmer der „Positiven Begegnungen“ auf jeden Fall, wie Gronski bei der Auftakt-Pressekonferenz in der Mercatorhalle betonte. „Wir sind eine sehr diverse Konferenz mit sehr diversen Teilnehmern“, sagte sie. Sexuelle Orientierung, Geschlecht, Herkunft – auch bei HIV-Infizierten werde die Vielfalt der Gesellschaft abgebildet. Dadurch, dass die Infektion in anderen Ländern häufig weiter verbreitet ist als in Deutschland, ist die Community sehr multikulturell. Die Konferenz soll auf Deutsch und Englisch stattfinden, für ukrainische Geflüchtete steht zudem ein Dolmetscher zur Verfügung. Was genau diskutiert wird, erarbeiten die Teilnehmer zu Beginn der Konferenz selbst.

Eine Kernforderung präsentierte die Deutsche Aidshilfe allerdings bereits in der Pressekonferenz am Mittwoch. „Unverzichtbar ist eine vollwertige medizinische Versorgung für alle Menschen, unabhängig von der Staatsbürgerschaft oder dem Aufenthaltsstatus“, sagte DAH-Vorstand Winfried Holz. Hier sei die Politik gefordert. „Menschen ohne Aufenthaltspapiere haben oft keinen Zugang zum Medizinsystem. Die Folge sind vermeidbare Aids-Erkrankungen.“

Lilian Petry kennt die Diskriminierung von HIV-Positiven und ihre Vermischung mit rassistischen Vorurteilen aus eigener Erfahrung. „Diskriminierung ist überall“, sagt die in Uganda geborene Saarbrückerin. „Man weiß nie welche Schublade es ist, wenn man so viele Schubladen aufweisen kann.“ Erfahrungen, die auch HIV-Infizierte in der Ukraine machen, wie die im Krieg nach Schottland geflohene Varvara Shevtsova berichtete. „Als ich angefangen habe mit HIV-Infizierten zu arbeiten, wollten manche Menschen in meinem Umfeld nicht mehr mit mir aus einem Glas trinken“, sagte sie. „Irrationale Übertragungsängste“ und moralische Vorbehalte seien nach wie vor große Probleme, ergänzte DAH-Sprecher Holger Wicht. Dabei sei bei einer entsprechenden Medikamentierung eine Übertragung des Virus faktisch ausgeschlossen.

Die regionalen Probleme schilderte Marie Schellwat, Geschäftsführererin der Aidshilfe Duisburg/Kreis Wesel. Es gebe nur einen HIV-Schwerpunktarzt, zu dem alle Betroffenen in der gesamten Region pendeln müssten. Und der gehe auch noch bald in Rente und habe bislang noch keinen Nachfolger gefunden. Marie Schellwat hofft darüber hinaus, dass die neue Landesregierung die Förderung für die regionalen Aidshilfen erhöht. „Die Finanzierung der örtlichen Angebote ist vielfach nicht mehr gesichert“, sagte sie. Begleitungs- und Beratungsangebote seien in Gefahr. „Wenn Prävention nicht stattfindet, erhalten wir in ein paar Jahren die Quittung.“

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