Duisburg Kluger Wissensvermittler voller Witz

Duisburg · Seit mehr als vier Jahrzehnten gehört Werner Pöhling zum Team im Kultur- und Stadthistorischen Museum. Zunächst als Grabungstechniker, dann als Mann für die Öffentlichkeitsarbeit. Am Ende des Jahres geht er in den (Un)Ruhestand.

 Werner Pöhling in der Mercator-Schatzkammer, durch die er schon viele Hundertmal Besucher geführt hat. Auch nach seiner Pensionierung wird Pöhling Führungen im Kultur- und Stadthistorischen Museum anbieten.

Werner Pöhling in der Mercator-Schatzkammer, durch die er schon viele Hundertmal Besucher geführt hat. Auch nach seiner Pensionierung wird Pöhling Führungen im Kultur- und Stadthistorischen Museum anbieten.

Foto: christoph reichwein

Wer immer eine der vielen Führungen von Werner Pöhling im Kultur- und Stadthistorischen Museum mitgemacht hat, der wird bestätigen, dass man wohl kaum interessanter eine geschichtliche Ausstellung vorstellen kann. Man spürt, dass sich Werner Pöhling aus persönlichem Interesse mit dem Thema, das er gerade erläutert, auseinandergesetzt hat. Und wie toll und interessant der Mann beispielsweise über die alten Griechen und Römer oder über den berühmtesten Duisburger, Gerhard Mercator, erzählen kann!

Wenn Pöhling kein Mensch, sondern ein Werkstück wäre, dann wäre er ein Scharnier; ein Scharnier zwischen Wissenschaft und einem Publikum, dem er Wissenswertes nahebringt. Bei ihm ist die Redewendung von der "spannenden Wissenschaft" tatsächlich wahr. Er versteht es sogar, Schüler im Pubertätsalter zu begeistern. "Das ist gar nicht so schwer", sagt er. Vor einem römischen Grabstein bittet er beispielsweise die Schüler, den auf dem Stein gemeißelten Namen zu entziffern. Das gelingt den Schülern ziemlich schnell. Pöhling sagt dann: "Jetzt könnt Ihr etwas lesen, was irgendjemand vor 2000 Jahren da geschrieben hat!" Bei den römischen Zahlen dauert das Entziffern etwas länger. Bei unseren Zahlen kann man die Jahreszahl mit einem Blick erkennen. Pöhling erzählt, dass unsere arabischen Ziffern auch schon 500 Jahre alt sind. Spätestens jetzt merken die Schüler, dass Geschichte etwas mit uns heute zu tun hat.

Zum Ende des Jahres geht Werner Pöhling (65), dieser kluge Wissensvermittler voller Witz, in den Ruhestand. Seit mehr als vier Jahrzehnten gehört er zum Team des Kultur- und Stadthistorischen Museums, das zu seinen beruflichen Anfängen noch "Niederrheinisches Museum" hieß und im Kantpark beherbergt war; dort, wo heute die cubus-Kunsthalle zu finden ist. Zum Museumsmann wurde Werner Pöhling per Zufall. Im Frühjahr 1972 hörte er einen Vortrag des Duisburger Archäologen Tilmann Bechert. Der sprach über Ausgrabungen in der Stadt und erwähnte dabei beiläufig, dass er noch Hilfskräfte bei Ausgrabungsarbeiten an der Stadtgrenze Rheinhausen/ Moers suchte.

Pöhling, damals noch Student der Sozialwissenschaften und Politik in Bochum, meldete sich für den Ferienjob. Und dieser Job gefiel ihm so gut, dass er sich auch für die dann folgenden Semesterferien dafür bewarb und engagiert wurde. Spätestens danach war Pöhling klar, dass Archäologie für ihn mehr als nur ein Ferienjob ist. Zunächst genehmigte er sich selber für das folgende Jahr ein Freisemester, um weiter bei Ausgrabungen mitzuarbeiten. Sein Engagement und seine Sorgfalt bei den archäologischen Arbeiten blieben bei Tilmann Bechert, dem damaligen Museumsdirektor Cornelius Ankel und seinem Nachfolger, Gernot Tromnau, nicht unbemerkt. 1975 bekam Pöhling einen festen Vertrag als Grabungstechniker. Später wurde er technischer Grabungsleiter; Gernot Tromnau war wissenschaftlicher Grabungsleiter. 1990 war für Pöhling beruflich ein entscheidendes Jahr. Damals hieß das Akzente-Thema "Unser Haus Europa", und das damalige Niederrheinische Museum zeigte als letzte Ausstellung im Kantpark-Gebäude die Schau "Kreta, die Wiege Europas". Pöhling, der Kreta von zahlreichen Reisen gut kannte und auch Kontakte zu griechischen Archäologen hatte, wurde von Gernot Tromnau an der Ausstellungsvorbereitung beteiligt. Als die Ausstellung lief, bot man ihm an, eine öffentliche Führung durch die Schau zu leiten. Das machte Pöhling offenbar so gut, dass aus der einen Führung am Schluss der Ausstellung 50 Führungen geworden waren.

Mit dem Umzug des Museums an den Innenhafen und der Umbenennung in Kultur- und Stadthistorisches Museum bekam er auch seine neue Aufgabe als verantwortlicher Mann für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Von 1990 an bis heute war Werner Pöhling an jeder Ausstellung, die das Kultur- und Stadthistorische Museum durchgeführt hat, beteiligt. Er las alle wissenschaftlichen Texte gegen, entwarf die Flyer, schrieb Reden für Prominente von außerhalb oder für Duisburger Ratsleute, er organisierte Veranstaltungen und Pressekonferenzen. Und immer wieder führte er Besuchergruppen, von der Schulklasse bis zu Spitzenmanagern, durch die verschiedenen Museumsausstellungen. Für ihn ist es ein Traumjob, sich immer wieder in neue historische Themen einzuarbeiten. Fast nebenbei wurde er dabei ein Fachmann für Gerhard Mercator und seine Zeit.

Glücklicherweise nimmt Werner Pöhling nicht radikal Abschied von seinem Museum. Auch als Ruheständler wird er durch Ausstellungen führen und Veranstaltungen vorbereiten. In der Vereinigung "Mercators Nachbarn" und in der Mercator-Gesellschaft möchte er sich weiter und verstärkt engagieren. Auch kann er sein Hobby, das Kochen mit Kräutern aus dem eigenen Garten, nun ausbauen. Gerade hat er sich ein Buch über euklidische Geometrie gekauft, damit er besser versteht, wie einst Gerhard Mercator Mathematik betrieben hat. "Endlich habe ich für so etwas Zeit", sagt er mit zufriedenem Lächeln.

(pk)
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