Duisburg "Kein Sterben auf Raten"

Duisburg · Über 600 Beschäftigte mit mehr als 300 Wagen beteiligten sich am Dienstag in zwei Autokorsos am bundesweiten Aktionstag von ThyssenKrupp gegen den geplanten Stellenabbau.

ThyssenKrupp-Arbeiter demonstrieren in Duisburg
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"Kein Sterben auf Raten" steht auf dem schwarzen Sarg, in dem die deutsche Stahlproduktion symbolische zu Grabe getragen wird. Der "Leichenwagen" ist mit dabei, als sich rund 250 Autos von Tor 3 in Hamborn auf den Weg in den Landschaftspark machen.

Als sie gegen 12 Uhr dort ankommen, sind die Kollegen aus dem Duisburger Süden bereits da. Etwa 100 ThyssenKrupp-Mitarbeiter sind mit 70 Autos aus Hüttenheim in den Duisburger Norden gekommen. Die Stimmung ist gelöst, es wird gehupt, einzelne IG Metall-Fahnen flattern. "Statt Kurzarbeit und Arbeitsplatzvernichtung 30 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich!" wird auf Plakaten gefordert.

Auf Betriebstemperatur

Die Redner, Konzernbetriebsratschef Thomas Schlenz, Betriebsrat Werner von Häfen und Duisburgs IG Metall-Chef Jürgen Dzudzek haben Mühe, die Stahlkocher in der zu etwa zwei Drittel besetzten Gebläsehalle auf Betriebstemperatur zu bringen. Höflicher Applaus und vereinzelte Pfiffe sind zunächst die einzige Resonanz.

Erst als Dzudzek in seiner Schlussansprache deutliche Worte findet, wird es munterer: Die Beschäftigten springen von ihren Sitzen, applaudieren im Stehen. Schlenz und Dzudzek weisen auf das Eckpunktepapier hin, auf das sich der Konzernaufsichtsrat am 27. März verständigt hatte. Die Kernpunkte dabei sind Beschäftigungssicherung (keine betriebsbedingten Kündigungen), Einkommenssicherung (Festhalten an den gültigen Tarifverträgen) sowie die Aufrechterhaltung der Montanmitbestimmung. "Meine Herren, halten Sie Wort!", appellierte Dzudzek unter donnerndem Applaus an den Vorstand. Zuvor hatte der Vorsitzende des Konzernbetriebsrates, Thomas Schlenz, angesichts der Stahlkrise eine Verzögerung der Inbetriebnahme des neuen Stahlwerks in Brasilien gefordert: "Es kann nicht sein, dass in Brasilien ein neues Werk in Betrieb geht und wir in Deutschland und in der EU in die Röhre gucken." Für die entscheidende Aufsichtsratssitzung morgen forderte Dzudzek die Vorlage eines detaillierten Vorstandskonzeptes. "Ohne die Eckpunkte sagen wir Nein dazu", so Dzudzek.

Für Patrick Wiemer (26), Fabian Behrendt (23) und Raphael Gliniorz (28) wird es keine Altersteilzeit gehen. Die drei jungen Techniker von der Energie- und Anlagenwirtschaft in Ruhrort haben zurzeit Kurzarbeit mit fünf Freischichten. "Wir produzieren schon seit Wochen nur noch für das Lager", sagt Wiemer. Sie sind in den Landschaftspark gekommen, um sich zu informieren. Sorgen machen sich die drei jungen Männer schon, aber sie bleiben trotzdem gelassen: "Die Wirtschaftskrise ist global — das können wir auch nicht ändern."

(RP)
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