Duisburg Jobcenter mit eigenen Dolmetschern

Duisburg · Das Jobcenter Duisburg zählt zunehmend Bulgaren und Rumänen zu seiner Kundschaft.

Für seine Mitarbeiter hat Norbert Maul, Chef des Duisburger Jobcenters, viel Lob parat. Etliche von ihnen haben sich bei Fortbildungsveranstaltungen darüber informieren lassen, wie staatliche Stellen in Bulgaren und Rumänien mit Roma umgehen und welche Missstände es dort gibt.

Sie haben erfahren, dass dort nicht jeder Berechtigte auch wirklich zu seinem Recht kommt und für manche Verwaltungsleistung Schmiergeld bezahlt werden muss. Das hat Verständnis geschaffen für die Situation derer, die vor den unhaltbaren Zuständen in ihren Heimatländern laufengegangen sind und nun beim Jobcenter vorstellig werden, um Leistungen zu beantragen, die ihnen seit Januar zustehen. Das hat den Mitarbeitern der Behörde auch deutlich gemacht, warum viele rumänische und bulgarische Antragsteller mit Vorbehalten und Misstrauen "zum Amt" kommen.

Doch was ihnen in Osteuropa widerfahren ist, droht ihnen teilweise und in Einzelfällen auch hier, zum Beispiel, wenn sie mit einem eigenen Dolmetscher kommen. Es gab Fälle, in denen der vermeintliche Vertraute unkorrekt übersetzt hat, weiß Maul. Und seine Mitarbeiter haben auch schon mitbekommen, dass der eine oder andere Dolmetscher seinen Klienten versucht zu verkaufen, dass man für das Antragstellen Geld bezahlen müsse, das er sich dann aber einsteckt. Um solche kriminellen Aktionen zu verhindern, hat das Jobcenter nicht nur Mitarbeiter, die die bulgarische oder rumänische Sprache beherrschen, sondern in allen Niederlassungen gibt es Dolmetscher, die das Vertrauen der Agentur haben.

Die Zahl der Rumänen und Bulgaren, die Hartz IV beantragen, steigt kontinuierlich. Bis Dezember 2013 waren beim Jobcenter 662 Bulgaren und 155 Rumänen registriert, bis Ende Juni dieses Jahres waren es schon insgesamt 1241. Das Jobcenter rechnet monatlich mit 40 Neuzugängen. Anspruch auf Leistungen haben Rumänen und Bulgaren zum Beispiel, wenn sie einen Minijob ausüben und die Bezahlung so gering ist, dass aufgestockt werden muss. Auch wer als Saisonarbeiter tätig war, hat befristet Anspruch auf Leistungen des Jobcenters. Wer mindestens ein Jahr voll berufstätig gewesen ist, bekommt gleichfalls für sich und seine berechtigten Familienangehörigen Hartz IV.

Die Anträge werden zentral bearbeitet. Betrugsversuche werden dadurch schwieriger. "Einem Kollegen ist beispielsweise mal aufgefallen, dass ein Arbeitgeber angeblich 15 Mini-Jobber beschäftigt hatte, was in diesem Fall überhaupt nicht sein konnte", erzählt Norbert Maul. Es falle dort auch auf, wenn jemand an zwei Stellen versuche, Leistungen zu beantragen. Das Jobcenter hat auf Anraten der Polizei zudem Lesegeräte angeschafft, mit denen die Echtheit von Ausweisen und Pässen geprüft werden kann. "Unabhängig von der Nationalität kommen solche Fälschungen bei unseren Kunden immer mal wieder vor."

Rumänische und bulgarische Staatsbürger, die der Ansicht sind, Anspruch auf Leistungen des Jobcenters zu haben, können Einspruch einlegen, wenn ihr Antrag abgelehnt worden ist. In 17 Fällen wurde das Jobcenter dann durch das Sozialgericht angewiesen, zu zahlen, bis der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine grundsätzliche Entscheidung getroffen hat. Das alles ist mit großem Aufwand für die Mitarbeiter des Jobcenters verbunden. Bei der Grundsatzentscheidung geht es unter anderem darum, ob das deutsche Sozialsystem überfordert wird, wenn es für die EU-Bürger Hartz IV bezahlt, was als unwahrscheinlich gilt. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass der EuGH die generelle Entscheidung mit der Empfehlung der Einzelfallprüfung verknüpft.

(RP)
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