Duisburg Intelligente Musizierlust ohne Mätzchen

Duisburg · Im jüngsten, fünften Kammerkonzert im gut gefüllten Theater am Marientor (TaM) gab der russische Pianist Evgeni Koroliov einen ganz klassischen Klavierabend von Johann Sebastian Bach bis zum Schubert-Häppchen.

 Evgeni Koroliov überzeugte mit seinem schlackenlosen Spiel und gewann die Sympathie des Publikums bei seinem Kammerkonzert mit einem musikalischen Lächeln.

Evgeni Koroliov überzeugte mit seinem schlackenlosen Spiel und gewann die Sympathie des Publikums bei seinem Kammerkonzert mit einem musikalischen Lächeln.

Foto: barbara brommann

Auch und gerade in Duisburg ist der 1949 in Moskau geborene und seit 1978 in Hamburg lebende Pianist Evgeni Koroliov ein Begriff, war er doch hier in der Saison 2008/2009 "Artist in Residence" (Gastkünstler der Philharmoniker). Jetzt trat er im jüngsten, fünften Kammerkonzert im Theater am Marientor (TaM) auf, und das Parkett war ganz gefüllt. Das Programm schlug einen Bogen von dem - laut Hans von Bülow - Alten Testament der Klaviermusik zum Neuen Testament: Vom "Wohltemperierten Klavier" von Johann Sebastian Bach zu der letzten Klaviersonate von Ludwig van Beethoven, in der es auch einen ausgedehnten Fugato-Abschnitt gibt, dazwischen die eher spielerische Variante des Sonaten-Prinzips mit einem späten Werk von Joseph Haydn.

Evgeni Koroliov ist ein wohltuend bescheidener Künstler, der nicht sein Ego vor das Werk stellt, der schon alleine mit seiner Programmauswahl auf vordergründige Virtuosität verzichtet, der durch große Ruhe und einen sehr subtilen Anschlag besticht. Das bewies er diesmal zunächst mit acht gut ausgewählten Paaren von Präludium und Fuge aus dem "Wohltemperierten Klavier" von Bach, eines aus dem ersten Teil (1722) und sieben aus dem zweiten Teil (1744).

Evgeni Koroliov stellte Strukturen klar und deutete Stimmungen an, er blieb streng bei der Sache und verlor doch nicht seine grundlegende Gelassenheit. Das hatte zweifellos höchstes Niveau. Freilich fehlte es hier und da noch an der rhetorischen Deutlichkeit, an der sprechenden Aussage.

Nach der Pause erschien das Verhältnis des Pianisten zu der aufgeführten Musik weniger distanziert. Da gab es erst einmal eine blitzblanke Aufführung der Sonate C-Dur Hob. XVI:50 (1794/95) von Haydn. Darin geht es um intelligente Musizierlust, die natürlich schlackenlos und mit einem musikalischen Lächeln präsentiert werden muss. Das gelang Evgeni Koroliov im TaM ohne Mätzchen.

Ein wirkungsvoller Kontrast war schließlich die halbstündige Sonate Nr. 32 c-Moll op. 111 (1821/22) von Beethoven. Darin folgt auf einen äußerst leidenschaftlichen Kopfsatz ein geradezu überirdisch heiterer Variationensatz, die "Arietta" - wie die gereinigte Luft nach einem Gewitter, sowohl in meteorologischer als auch in metaphorischer Hinsicht. Das konnten wir im Kammerkonzert besonders einleuchtend erleben, denn Koroliov ließ die beiden Sätze fast unmerklich ineinander übergehen.

Im ersten Satz wirkte noch manches undeutlich, im zweiten hatte der Pianist aber den Gipfel des Abends erreicht, hier schien er ganz eins zu werden mit der göttlichen Schlichtheit der Musik, mit den vollkommen vergeistigten Klängen. Spätestens hier wurde der Abend zum Ereignis.

Eine kleine Zugabe gab es auch noch, konsequent weiter fortschreitend in der Musikgeschichte: ein Häppchen von Franz Schubert, nämlich der Hauptteil seines beliebten "Moment musical" f-Moll. Da waren dann alle restlos zufrieden.

(hod)
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