Duisburg In Bachs Partiten vertieft

Duisburg · Igor Levit trat beim Klavier-Festival Ruhr erstmals in Duisburg auf.

Der 1987 in Russland geborene und seit zwei Jahrzehnten in Deutschland lebende Pianist Igor Levit ist ein Phänomen. Das zeigte sich schon 2005, als er mit 18 Jahren gleich vier Preise beim renommierten Arthur-Rubinstein-Wettbewerb in Tel Aviv gewann. 2009 beendete er dann sein Klavierstudium in Hannover, 2013 veröffentlichte er seine Debüt-CD mit den fünf letzten Sonaten von Ludwig van Beethoven, im vergangenen Jahr dann eine Gesamteinspielung aller sechs Partiten BWV 825-830 von Johann Sebastian Bach, also jenem Komponisten, über den Levit einmal sagte: "Bach, das ist die größtmögliche Liebe."

Seit 2010 ist er jedes Jahr zu Gast beim Klavier-Festival Ruhr, jetzt trat er in diesem Rahmen erstmals in Duisburg auf, die Gebläsehalle im Landschaftspark Nord war gut gefüllt. Und er hatte unsere Stadt gewählt, um die Bach-Partiten erstmals an einem Abend aufzuführen. "Ich habe sie gespielt, aufgenommen und mit ihnen gekämpft", bekannte der junge Pianist zu Beginn in einer kurzen Ansprache: "Das ist heute Abend so ein großer Augenblick für mich, dass ich es gar nicht in Worte fassen kann!"

Die Partiten gehören zu den besten Werken von Bach, das ist nach den Französischen und den Englischen Suiten seine dritte und tiefgründigste Sechsergruppe höchst einfalls- und abwechslungsreicher Suiten für ein Tasteninstrument. Er ließ sie 1731 als sein repräsentativer Opus 1 drucken, als erster Teil der "Clavier Übung", "denen Liebhabern zur Gemüths Ergoetzung verfertiget". Der erste Satz trägt jeweils eine andere Überschrift: Präludium, Fantasie, Ouvertüre, Sinfonia, Praeambulum und Toccata. Es gibt heitere Tänze ("Galanterien"), die gelegentlich ebenso unaufdringlich wie meisterhaft fugiert werden.

Die Bilanz nach diesem außergewöhnlichen Klavierabend, der mit zwei Pausen dreieinhalb Stunden dauerte, war überwiegend positiv. Igor Levit fasziniert durch perfekten Anschlag und überhaupt schlackenlose Spieltechnik. Er hat sich in Bachs Partiten vertieft, diszipliniert sich selbst durch eine Annäherung an die sprachnah singende Artikulation und Phrasierung. Er kommt zur Ruhe in vielen Allemanden und praktisch allen Sarabanden. Nur manchmal bricht der Virtuose in ihm durch, vor allem in mancher gar zu hurtig hingelegter Schluss-Gigue.

Das berauschte Publikum bekam sogar noch eine Zugabe, gewissermaßen eine erfrischende Dusche, nämlich die schräge "Humoreske" von Rodion Schtschedrin.

(hod)
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