Duisburg Im Vollrausch ins neue Jahr

Duisburg · Bei besonderen Anlässen wie Silvester nehmen es Eltern manchmal mit Alkohol für ihre Kinder nicht ganz so genau. Die Fachleute warnen davor. Denn so werde Kindern ein falsches Bild vom Umgang mit der Droge vermittelt.

So wirkt Alkohol auf Erwachsene
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Foto: ddp, ddp

Zum Essen ein Gläschen Wein, um null Uhr das obligatorische Glas Sekt und beim Böllerknallen ein wärmender Kräuterschnaps — nicht zuletzt an Silvester ist Alkohol gesellschaftlich akzeptiert. Selbst bei Kindern drücken manche Eltern an diesem Abend ein Auge zu.

Experten sehen das kritisch. "Die Selbstverständlichkeit, mit der in unserer Gesellschaft zum Alkohol gegriffen wird, ist eines der Kernprobleme", sagt Franz Josef Werner, Bereichsleiter für Beratung beim Suchthilfezentrum Nikolauskloster. Sein Kollege Klaus Janiszewski, geschäftsführender Vorsitzender beim Duisburger Suchthilfeverbund, sieht das ähnlich. "Es ist schwierig, Jugendlichen klar zu machen, welche Gefahren der Alkohol birgt, wenn er bei vielen ihrer Bezugspersonen ganz selbstverständlich zum Alltag gehört."

Ein generelles Alkoholverbot für unter 18-Jährige wurde deshalb in Deutschland immer wieder diskutiert. Zuletzt von der neuen Berliner Regierung. Die meisten Duisburger Suchtexperten halten diesen Schritt jedoch auch für nicht viel mehr als eine nette Idee. "Das klingt natürlich gut, würde aber voraussichtlich nichts bringen", nimmt Franz Josef Werner an. Denn an Jugendschutzgesetzen mangele es in Deutschland schon heute nicht.

Eltern müssen gute Vorbilder sein

Es müsse, so Werner, eher um Hintergrundfragen als Verbote gehen: "Wir sollten uns fragen, woher Massenphänomene wie das so genannte Komasaufen kommen und was wir in der Entstehung dagegen tun können. Zum Beispiel ist das gute Vorbild der Bezugspersonen wichtig. Wenn für Kinder der Alkoholgenuss der Eltern schon zur Normalität im Alltag geworden ist, kann man sie schwer von den Gefahren überzeugen", ist der Fachmann sicher.

Auch beim Duisburger Suchthilfeverbund reagiert man verhalten auf die in Wahlkampfperioden oder anlässlich von Festtagen wie Silvester immer wieder aufflammenden Verbots-Vorschläge. "Einerseits geht es um eine Signalwirkung und die ist wichtig", sagt Klaus Janiszewski, geschäftsführender Vorstand des Verbundes. "Wenn das Rauchen bundesweit erst ab 18 Jahren erlaubt ist, wieso sollte es sich mit Alkohol anders verhalten?" Andererseits sei die Umsetzung schwierig. "Wer will die Einhaltung kontrollieren", fragt Janiszewski.

Generell hat sich die Zahl des Alkoholmissbrauchs bei Kindern und Jugendlichen zwar verringert, bestätigen die Duisburger Suchtberatungsstellen. Die Intensität der Fälle sei dagegen jedoch stark gestiegen. "Die, die jetzt auffallen, trinken zu viel und vor allem zu harten Alkohol", sagt Klaus Janiszewski. Eine Entwicklung, die auch Professor Thorsten Rosenbaum, Chefarzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin am Klinikum Duisburg, auffällt. "Bei uns wurden im Jahr 2009 insgesamt 46 Kinder und Jugendliche mit Alkoholvergiftung eingeliefert. 2010 waren es 41 Fälle", so Rosenbaum.

Kinder steigen immer früher ein

Dabei sei vor allem das Alter der Patienten, die ins Duisburger Klinikum eingeliefert werden, erschreckend. 2009 und 2010 wurden 20 Jugendliche im Alter von 13 und 14 Jahren mit Vollrausch in die Klinik eingeliefert, drei Elf- bis Zwölfjährige waren ebenfalls dabei. "Und wir sprechen hier von einer Promillezahl von teilweise 3,0", sagt Rosenbaum. Wodka sei dabei der Hauptverursacher. "Und der ist für die unter 18-Jährigen auch jetzt schon verboten."

(RP/jul)
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