Interview mit Burkhard Landers und Dr. Stefan Dietzfelbinger „Duisburg hat sehr viel Potenzial“

Duisburg · Was der Präsident und der Hauptgeschäftsführer der IHK für 2019 erwarten – dienstlich, aber auch persönlich.

 IHK-Präsident Burkhard Landers (links) und Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger.

IHK-Präsident Burkhard Landers (links) und Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger.

Foto: Niederrheinische IHK

Digitalisierung, Logistik, Verkehr, Infrastruktur – die Niederrheinische Industrie- und Handelskammer mit Sitz in Duisburg kämpft an vielen Fronten für die Unternehmen in ihrem Bezirk. Vor dem Neujahrsempfang am morgigen Dienstag in der Mercatorhalle mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hat RP-Redakteur Mike Michel IHK-Präsident Burkhard Landers und Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger nach ihren Erwartungen für 2019 gefragt.

Was waren die größten Herausforderungen für die Unternehmen im Kammerbezirk der Niederrheinischen IHK im Jahr 2018?

Landers 2018 war für die meisten Unternehmen ein gutes Jahr. Die Auftragsbücher waren und sind gut gefüllt, unsere Unternehmen blicken optimistisch in die Zukunft. Wenn Sie mich nach den größten Herausforderungen fragen, dann sind es an erster Stelle die Infrastrukturthemen und der Fachkräftebedarf, die uns im zurückliegenden Jahr beschäftigt haben. Rund 45 Prozent der Unternehmen können offene Stellen nicht mehr adäquat besetzen und die Demografie sagt voraus, dass die Situation noch schwieriger wird. Was die Infrastruktur angeht, so hat sicher das Niedrigwasser im Rhein große Probleme verursacht, manche Industriebetriebe waren gezwungen, die Produktion zu drosseln. Die Sperrung der A 59-Brücke und die Installation der Lkw-Waage auf der A 40 haben zu vielen Staus geführt.

Am 8. Januar ist der Neujahrsempfang der IHK in der Duisburger Mercatorhalle, Gastredner ist NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Bleibt bei einem solch offiziellen Termin auch Zeit für ein informelles Gespräch im kleinen Kreis?

Landers Zeit für Gespräche bleibt immer. Unabhängig von unserem Neujahrsempfang treffen wir den Ministerpräsidenten allerdings auch immer mal wieder bei verschiedenen anderen Anlässen und tauschen uns dabei auch über die für unseren Niederrhein wichtigen Themen aus.

Was werden Sie Armin Laschet als „Hausaufgaben“ im Auftrag der hiesigen Unternehmen mit auf den Weg geben?

Landers Wir sind dankbar, dass Herr Laschet in unsere Region kommt und sich um die wirtschaftlichen Anliegen kümmert. Mit den Entfesselungspaketen hat die Landesregierung der Wirtschaft wieder Handlungsspielräume zurückgegeben. Dieser Weg muss entschieden fortgesetzt werden. Neben der bereits angesprochenen Infrastruktur ist sicher die Digitalisierung ein Aufgabengebiet. Neben den technischen Voraussetzungen, also eine gute Breitbandausstattung auch in den ländlichen Regionen, spielt die Bildungspolitik eine große Rolle. Die Schulen sind auf dieses Thema noch nicht vorbereitet. Zukunftsweisende Impulse für den Wirtschaftsstandort erhoffen wir uns auch von den geplanten Ruhrkonferenzen. Zusammen mit den anderen IHKs im Ruhrgebiet haben wir unter dem Titel Agenda.Ruhr zahlreiche Ideen für das Ruhrgebiet vorgelegt.

Beim Austritt Großbritanniens aus der EU scheint weiter nichts ausgeschlossen zu sein, auch nicht ein „harter“ Brexit ohne irgendwelche „Deals“. Wie schlimm wäre das aus Sicht der IHK für unsere Region?

Dietzfelbinger Schon jetzt sind den Unternehmen zusätzliche Kosten entstanden, weil sie sich mehrgleisig auf alle Möglichkeiten einstellen mussten. Unsere Unternehmen brauchen schnell Klarheit, um sich auf die neuen Handelsregeln vorbereiten zu können. So oder so wird der Brexit zu hohen Kosten führen, sei es wegen hoher Zölle, zusätzlicher Bürokratie oder längeren Wartezeiten bei der Einreise.

Armin Laschet wird am Dienstag eine Schnell-Ladestation für Elektrofahrzeuge in Duisburg eröffnen, gleichzeitig drohen immer neue Diesel-Fahrverbote, einschließlich auf der A 40. Braucht die Wirtschaft statt Aktionismus nicht viel eher einen verlässlichen, langfristigen Plan mit langen Übergangsfristen?

Landers In der Tat sind die drohenden Fahrverbote ein Problem für die Wirtschaft. Ja, Besonnenheit und Augenmaß würden dem Thema gut tun. Viele Menschen sind auf den PKW angewiesen, um ihre Arbeitsplätze zu erreichen oder benötigen das Fahrzeug zur Ausübung ihres Berufes. Zusätzlich hat der Wertverlust der Dieselfahrzeuge in den Bilanzen der Unternehmen schon Schleifspuren hinterlassen. Wir unterstützen Ministerpräsident Laschet sehr in seiner Absicht, Fahrverbote zu verhindern und alternative Maßnahmen, nicht zuletzt im öffentlichen Nahverkehr, vorzuziehen.

Das vergangene Jahr war in Duisburg geprägt von gefühlten Dauerstaus, sowohl auf den Autobahnen als auch auf innerstädtischen Straßen. Was muss getan werden, um hier schnellstmöglich für Abhilfe zu sorgen?

Dietzfelbinger Eine der guten Nachrichten 2018 ist: Die Politik auf Landes- und auf Bundesebene hat verstanden, dass unsere Infrastruktur das Rückgrat der Wirtschaft ist und dringend erneuert werden muss. Sie stellt deutlich mehr Mittel bereit, und das Beispiel der A 40-Brücke zeigt, wo ein politischer Wille ist, ist auch ein Weg. Der Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der Brücke wurde in Rekordzeit noch vor Weihnachten erteilt. Wenn alles weiter so gut geht, können bereits Ende des Jahres die Bauarbeiten beginnen. Wichtig ist dann, dass auch die anderen Maßnahmen im Umfeld gut auf den Neubau abgestimmt werden. Denn auch das hat das Jahr 2018 gezeigt: Es braucht nicht viel, damit sich einzelne Baumaßnahmen gegenseitig zu einem Mega-Stau aufschaukeln. Denken Sie an den Brand unter der A 59, der uns allen vor Augen geführt hat, wie notwendig ein gutes Baustellenmanagement ist.

In Duisburg hat die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gebag das ehemalige DOC-Gelände von Kurt Krieger übernommen. Welche Erwartungen verknüpft die IHK damit?

Dietzfelbinger Wir sind sehr froh darüber, dass durch den Erwerb des Grundstücks die Stadt nun wieder selbst die Entwicklung bestimmen kann. Die Ankündigung von Oberbürgermeister Sören Link, das Gelände angelehnt an das Konzept der Duisburger Freiheit von Sir Norman Foster zu entwickeln, unterstützen wir. Foster hatte vor allem Bürogebäude vorgesehen, die sich um einen Park gruppieren. Gerade Büroflächen können wir in Duisburg gut gebrauchen, denn die Nachfrage ist da. Ob sich auf dem Areal auch Wohnungsbau realisieren lässt, bleibt abzuwarten. Wichtig wird das Standortmarketing sein. Auf die Nähe zu Düsseldorf und zum Flughafen zu setzen, scheint mir erfolgversprechend zu sein. Warum sollte man das Gelände nicht als „Airport City Duisburg“ vermarkten?

Welches wirtschaftliche Potenzial hat eine Stadt wie Duisburg und wie schätzen Sie die Chancen ein? Geht es schnell genug mit der Digitalisierung voran?

Dietzfelbinger Mit dem Masterplan für Wirtschaft haben wir vor zwei Jahren eine wirtschaftspolitische Agenda vorgelegt. Unser Masterplan hat genug Potenziale für den Standort aufgezeigt. Viele der Projekte laufen bereits oder sind schon umgesetzt. Beim Thema Digitalisierung könnte es natürlich noch schneller gehen. Aber wir sind froh, dass unsere Masterplanidee auch den Smart City Prozess der Stadt Duisburg befördert hat. Eine wirklich gute Initiative, die spürbar Ausstrahlungs- und Anziehungskraft für den Standort entwickelt. Eine smartere Verwaltung hilft allen Bürgern und Unternehmen. Für die Attraktivität des Standortes wird am Ende aber vor allem entscheidend sein, wie schnell wir die Glasfaserkabel in die Erde bekommen. Alleine die Genehmigungen hierfür brauchen derzeit oft länger als ein halbes Jahr. Der Standort hat also sehr viel Potenzial, aber auch noch Luft nach oben.

Herr Landers, Herr Dietzfelbinger – zu guter Letzt: Was haben Sie sich persönlich für das Jahr 2019 vorgenommen?

Landers Wieder etwas mehr Zeit für Theater und Konzerte und ja, etwas mehr Bewegung würde mir auch gut tun.

Dietzfelbinger Ich möchte mit meiner Frau einen Tanzkurs machen.

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