Duisburg Hier trifft Vergangenheit auf Zukunft

Duisburg · Eine Fachfirma für archäologische Baugrundsanierung legt seit vergangenen Freitag einen Teil des Geländes für das künftige Mercatorquartier frei. Bereits am zweiten Grabungstag stieß man auf ein gotisches Kellergewölbe.

 Für den Stadtarchäologen Dr. Kai Thomas Platz (rechts) ist die künftige Bebauung des alten Mercatorhauses nicht zwangsläufig ein Widerspruch. Man könne sich auch an den vorgefundenen Grundrissen orientieren, meint er. Die Arbeiter der Firma (links) gehen sowohl mit grobem als auch mit feinem Handwerkszeug zur Sache.

Für den Stadtarchäologen Dr. Kai Thomas Platz (rechts) ist die künftige Bebauung des alten Mercatorhauses nicht zwangsläufig ein Widerspruch. Man könne sich auch an den vorgefundenen Grundrissen orientieren, meint er. Die Arbeiter der Firma (links) gehen sowohl mit grobem als auch mit feinem Handwerkszeug zur Sache.

Foto: Christoph Reichwein

Den Bagger bedient ein Archäologe. Ein normales Tiefbauunternehmen wäre bei den zurzeit laufenden Arbeiten auf dem Gelände des zukünftigen Mercatorquartiers fehl am Platz. Vielmehr ist eine Fachfirma für archäologische Baugrundsanierung am Werke. Duisburgs Stadtarchäologe Dr. Kai Thomas Platz war gestern an der Grabungsstelle am Rabbiner-Neumark-Weg voll in seinem Element. Schließlich ist er für die mit Abstand größte innerstädtische mittelalterliche Ausgrabung in Deutschland zuständig. Das Areal des Mercatorquartiers umfasst rund 25.000 Quadratmeter. Nachdem vom Land die nötigen Gelder für die archäologischen Untersuchungen und den Abriss der leerstehenden Schulgebäude entlang der Obermauerstraße bis hin zum Rabbiner-Neumark-Weg bewilligt wurden (insgesamt 3,5 Millionen Euro), starteten am vergangenen Freitag die Arbeiten der Fachfirma. Und bereits am zweiten Grabungstag konnte ein gotischer Keller aus dem 14. Jahrhundert freigelegt werden.

Die Datierung fiel Dr. Platz nicht schwer: Die Art und Weise, wie die Nische für die Kellerbeleuchtung angebracht wurde, lässt keinen Zweifel daran, dass man es mit einem 700 Jahre alten Gebäude zu tun hat. Dr. Platz geht davon aus, dass man in den kommenden Monaten auf schätzungsweise 40 weitere Gebäude stoßen wird. Einige Bauwerke könnten womöglich noch älter als das bislang gefundene sein. Der Archäologe wäre nicht überrascht, wenn man bei den Ausgrabungen auf Mauerreste aus dem 7. oder 8. Jahrhundert stößt.

Oberbürgermeister Sören Link teilt die archäologische Begeisterung: "Hier trifft die Vergangenheit die Zukunft", sagte er gestern vor Ort. Während früher archäologische Funde eher als Hemmnis für die Stadtplaner verstanden wurden, sehen der Oberbürgermeister und Stadtentwicklungsdezernent Carsten Tum die riesige archäologische Zone als Chance für die Stadtentwicklung. Die historischen Funde böten die einmalige Chance, Duisburg und das Mercatorquartier zu profilieren.

Dr. Platz sieht ebenfalls keine widerstrebenden Interessen zwischen Archäologie und Stadtplanung. Die freigelegten Kellergewölbe könnten durchaus Bestandteile von Neubauten des zukünftigen Mercator-Quartiers werden. Das habe seinen besonderen Reiz und sei auch bereits im Stadtfenster realisiert worden. Bei der Neubebauung könne man sich, so Dr. Platz, durchaus auch an den vorgefundenen Grundrissen orientieren. Dezernent Tum formulierte das so: "Das Quartier soll nach Prinzipien entwickelt werden, die sich an historischen Vorbildern orientieren. Dazu zählen beispielsweise ein hoher Grünanteil in den Höfen und Freiflächen sowie eine kleinteilige, aber vielfältige Bebauung." Tum glaubt, dass es keine Schwierigkeiten gibt, Investoren für das Mercatorquartier zu finden, da Innenstadtlagen höchst attraktiv seien. In früheren Plänen wurden Investitionssummen von 120 Millionen Euro genannt. Fest eingeplant ist nach wie vor die Rekonstruktion des Mercator-Hauses, dessen Grundmauern Dr. Platz vor einigen Jahren am alten Berufskolleg gegenüber dem Rathaus gefunden hat. Auch aus fachlicher Sicht, so Dr. Platz, sei es wünschenswert, wenn ein neues Gebäude auf den Grundmauern des alten errichtet würde. Das Mercatorhaus und seine Nachbarhäuser sind gewissermaßen der Kern des gesamten Mercatorquartiers.

Mit den konkreten Bauarbeiten könne man vielleicht schon im kommenden Jahr beginnen, wenn die jetzt leerstehenden Schulgebäude einschließlich der Turnhalle abgerissen sind und die archäologische Bodensanierung in dem entsprechenden Bereich abgeschlossen ist. Das gesamte Mercatorquartier sei allerdings ein Projekt, das über mehrere Jahre laufen werde. Oberbürgermeister Link möchte dabei gerne auch den Burgplatz einbeziehen, der vor dem Zweiten Weltkrieg noch ein attraktiver Marktplatz war und nun völlig fantasielos als Parkplatz dient.

(pk)
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