Trauerfeier zur Loveparade Hannelore Kraft: "Sie sind nicht allein"

Sichtlich bewegt hat Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) der Opfer der Loveparade gedacht. Es sei schwer, angesichts des Todes Worte zu finden, sagte Kraft bei der Trauerfeier in der Duisburger Salvatorkirche. Das Leben junger Menschen sei grausam und jäh beendet worden. Während ihrer Rede kämpfte die Ministerpräsidentin immer wieder mit den Tränen.

Loveparade-Katastrophe 2010 - Trauerfeier für die Opfer
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Die Trauerfeier für die Opfer

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In einem schwarzen schlichten Kostüm und einer silbernen Kette steht die NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft vor der Trauergemeinde in der Salvatorkirche in Duisburg. Zuvor haben der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck und der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, in einer einstündigen Trauerfeier den 21 Opfern gedacht. Zunächst dankt sie den Kirchenvertretern für deren bewegende Worte.

Dann spricht sie über die 21 Menschen, die vor einer Woche auf tragische Weise ums Leben gekommen sind. Sie seien aus ihren "Hoffnungen und Träumen, aus ihren Zukunftsplänen, Familien und Freundeskreisen" gerissen worden. "Sie alle hatten ihre ganze Zukunft noch vor sich." Es sei nicht leicht, angesichts des großen Leids Trost zu finden und Trost zu spenden. "Trost - das mag für viele noch zu früh sein", sagt Kraft.

"Uns alle lässt das Geschehene nicht los." Die Bilder der Katastrophe machten "betroffen, hilflos und manche auch wütend", so Kraft. Hannelore Kraft bemüht sich, mit fester Stimme zu sprechen. Es gebe viele Fragen und zu wenige Antworten. "Jede Katastrophe erschüttert uns und lässt uns die Frage nach dem Warum stellen", sagt die Ministerpräsidentin tränenschwer.

Viele Überlebende empfänden Ohnmacht, "weil sie nicht haben helfen können", sie seien angesichts der schrecklichen Erinnerungen traumatisiert. "Die seelisch Verwundeten leiden still." Kraft, deren Sohn auch auf der Loveparade war, sagt, sie könne nachempfinden, "was Eltern, Geschwister, Großeltern und Freunde durchlitten haben, die stundenlang auf ein Lebenszeichen warten mussten".

Allen Betroffenen sei man schuldig, das Geschehene lückenlos aufzuklären: "Wie konnte dies geschehen, wer trägt Schuld, wer ist verantwortlich?"

Kraft würdigte auch den Einsatz von Ordnern und Einsatzkräften, die körperlichen und seelischen Belastungen ausgesetzt gewesen seien. Sie hätten "unter schwersten Bedingungen ihr Bestes gegeben, um Menschenleben zu retten". Viele hätten "bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit nahezu Übermenschliches geleistet". In den vergangenen Tagen habe sie mit vielen Teilnehmern der Loveparade sprechen können, die durch das Geschehene "zu Helfern wurden".

Der Vater eines Opfers habe ihr gesagt: "Der grausame Tod seiner Tochter kann im Nachhinein noch einen Sinn bekommen, wenn dieser Tod uns alle mahnt, unser aller Wertesystem zu überdenken". Der Mensch, sein Wohlergehen und seine Sicherheit müssten "die wichtigsten Leitlinien unseres Handelns sein". Dieses Gespräch muss Hannelore Kraft sehr bewegt haben. Während sie spricht, kämpft sie mit den Tränen.

Am Ende ihrer Rede wendet sich Hannelore Kraft mit gebrochener Stimme an die Hinterbliebenen der 21 Todesopfer: "Wir können Ihren Schmerz nicht ermessen und nicht lindern. Und doch bitte ich Sie, öffnen Sie Ihre Herzen für alle, die Ihnen Trost spenden wollen und Ihnen über den Verlust eines unersetzlichen, geliebten Menschen hinweghelfen möchten. Sie sind nicht allein."

Bewegender Gottesdienst

Zuvor mahnten der katholische Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck und der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, im ökumenischen Gottesdienst indirekt die Übernahme von Verantwortung an. Schneider sprach von "Menschen, die wie versteinert Verantwortung von sich abschieben". Overbeck klagte, es gebe keine Antworten auf die vielen Fragen.

Angehörige, Rettungskräfte von Polizei, Feuerwehr und Hilfsorganisationen sowie Überlebende der Katastrophe entzündeten während der Trauerfeier Kerzen zum Gedenken an jedes einzelne Todesopfer.

Der Gottesdienst wurde auch in ein Dutzend Kirchen der Stadt und das Fußball-Stadion des MSV Duisburg übertragen, wo sich einige Hundert Menschen versammelt hatten. Die erwarteten mehreren Zehntausend Menschen blieben hier aber aus. Am Nachmittag war zudem ein Trauermarsch vom Duisburger Hauptbahnhof zum Gelände der Love-Parade geplant.

An dem Gottesdienst nahmen auch Bundespräsident Christian Wulff, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesaußenminister Guido Westerwelle und Bundestagspräsident Norbert Lammert teil.

Bei der Massenpanik am vergangenen Samstag waren 21 Menschen auf dem Gelände der Loveparade, dem ehemaligen Güterbahnhof, getötet worden. Von den mehr als 500 Verletzten befanden sich am Freitag noch 25 in Krankenhäusern.

(fb mit ddp/fb)
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