Duisburg Gutes Hören bei der Ruhrtriennale

Duisburg · In der Kraftzentrale spielt die Ruhrtriennale jetzt die letzte Oper "Prometeo" des großen italienischen Komponisten Luigi Nono. Die Klangquellen umgeben wirkungsvoll das Publikum.

Von seiner Heimatstadt Venedig war der große italienische Komponist Luigi Nono (1924-1990) in doppelter Weise geprägt. Zum einen von ihrer besonderen Akustik, bei der Wasser, Stein und Luft zusammenspielen. Zum anderen von der musikalischen Mehrchörigkeit, die dort im 16. Jahrhundert erfunden wurde, ursprünglich für die Emporen der Basilika San Marco.

Nonos Opus summum ist seine dritte und letzte Oper "Prometeo", eine "Tragödie des Hörens" für Vokal- und Instrumentalsolisten, Chor, Instrumentalgruppen und Live-Elektronik, uraufgeführt 1984 in der säkularisierten Kirche San Lorenzo in Venedig und ein Jahr später als überarbeitete Fassung in der ehemaligen Fabrikhalle "Stabilmento Ansaldo" in Mailand. Im griechischen Mythos stahl Prometheus den Göttern das Feuer, um es den Menschen zu geben, und wurde dafür von Zeus hart bestraft. Die Figur des Prometheus ist Symbol für Fortschritt und Revolution. Für Nono war Prometheus aber vor allem ein rastloser Suchender, ein "Wanderer", der sich aufmacht, ohne zu wissen, wohin. Gegen Ende seines Lebens betrachtete Nono "gutes Hören" als eine eigene politische Handlung. Sein "Prometeo" ist eine Oper ohne Bühnenbild, Figuren und Handlung. Die Texte von verschiedenen Philosophen sind bewusst so vertont, dass sie weniger inhaltlich wirken als vielmehr poetisch. Das Werk wird selten aufgeführt, meist konzertant, szenisch bislang nur einmal, 1997 durch Robert Wilson in Brüssel.

Das passt perfekt in die Kraftzentrale im Landschaftspark Nord, diese Kathedrale des "prometheischen" Industriezeitalters. Zweieinhalb pausenlose Stunden lang hört man in sich versponnene, äußerst subtile und meist stille Klänge. Die Klangquellen umgeben wirkungsvoll das Publikum, teilweise auf Emporen fast wie in San Marco. Das Raum- und Lichtkonzept von Eva Veronica Born ist letztlich so dezent, dass man sich in der Tat auf das "gute Hören" konzentrieren kann, ja muss. Umgesetzt wird die hochkomplexe Partitur bei der Ruhrtriennale nämlich umwerfend: mustergültig präzise und anrührend schön. Das ist vor allem ein Verdienst des erstklassigen Kammerchors "Schola Heidelberg" und des "Ensemble Modern Orchestra" unter der Gesamt-Leitung des Weltklassedirigenten Ingo Metzmacher, der Nonos "Prometeo" offenbar kennt wie seine Westentasche.

Die ausverkaufte Premiere wurde jedenfalls heftig beklatscht. Wer gut hören will: Es gibt noch drei weitere Aufführungen, am 11. und 12. September, jeweils um 19.30 Uhr, sowie am 13. September, um 16 Uhr. Infos und Karten unter www.ruhr3.com/P.

(hod)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort