Duisburg Großes mediales Interesse an Hochfeld

Duisburg · Dr. Michael Willhardt von der Hochfelder Initiative "Zukunftsstadtteil" war am Dienstagabend zu Gast bei "Menschen bei Maischberger" und Mittwochmorgen im Frühstücksfernsehen von Sat 1.

 Talkshows im deutschen Fernsehen bedienen sich gerne griffiger Klischees. Mit der Bezeichnung "Altlinker" konnte Duisburg-Experte Dr. Michael Willhardt aber gut leben.

Talkshows im deutschen Fernsehen bedienen sich gerne griffiger Klischees. Mit der Bezeichnung "Altlinker" konnte Duisburg-Experte Dr. Michael Willhardt aber gut leben.

Foto: Screenshot

Ein durchaus zufriedenes Fazit zog Dr. Michael Willhardt gestern Vormittag auf der Rückfahrt von Berlin. "Wir dürfen uns freuen, wenn wir so viel mediale Aufmerksamkeit erfahren", sagte er. Unter dem Titel "Die Armutseinwanderer: Ist Deutschland überfordert?" widmete sich Moderatorin Sandra Maischberger in ihrer Talksendung einem Thema, das den Hochfeldern nun schon seit Jahren unter den Nägeln brennt.

Neben Willhardt diskutierten auch die Bulgarin Lucy Diakovska, frühere Sängerin der "No Angels", der CSU-Politiker Wilfried Scharnagl, Hamze Bytyci vom Bundes Verband Roma, die Spiegel-Journalistin Özlem Gezer und der NRW-Minister für Arbeit, Soziales und Integration, Guntram Schneider (SPD). Wer die Talkformate der öffentlich-rechtlichen Sender kennt, der weiß, was ihn erwartet. So gesehen entsprach auch der Ablauf dieser Sendung von "Menschen bei Maischberger" altbekannten Ritualen. Die unterschiedlichen Standpunkte wurden deutlich, gelegentlich fiel man sich gegenseitig ins Wort, am Ende sprach Sandra Maischberger von einer "Bestandsaufnahme". Schön, dass wir mal drüber geredet haben.

Mehr nicht? Willhardt, der seit längerem versucht, mit der Initiative "Zukunftsstadtteil" für eine Verbesserung der Situation in Hochfeld zu kämpfen, sieht das nicht so. Auch mit kleinen Schritten habe man in der Vergangenheit schon etwas bewegen können. "Der Druck ist eher noch größer geworden. Trotzdem ist die Vermüllung in Hochfeld nicht schlimmer geworden. Wirtschaftsbetriebe und Polizei in Duisburg verhalten sich ausgesprochen kooperativ."

Obwohl in der Talkrunde die Verantwortung der Zuwanderung von Menschen aus Rumänien und Bulgarien abwechselnd auf Land, Bund und EU geschoben wurde, war für Willhardt die Sendung nicht umsonst. "Hochfeld ist ja europäisch gesehen ein völlig belangloser Stadtteil. Da ist es doch gut, wenn man wahrgenommen wird."

Hochfelder genervt

Das "Gejammer", es sei kein Geld da, "nerve" die Hochfelder. "Egal ob Bund oder EU — was nützen uns alle Konzepte, wenn sie nicht umgesetzt werden?", fragt er. Vorschläge von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich oder Wilfried Scharnagel in der Talkrunde, die die Visumspflicht für Rumänen und Bulgaren einführen und den Zuzug begrenzen wollen und gleichzeitig die Städte auffordern, bei Rechtsverstößen Menschen auszuweisen, hält er für "unrealistisch und realitätsfern". "Das löst nicht unsere Probleme in Hochfeld." Zwar wurden bei "Menschen bei Maischberger" auch Dinge wie die menschenunwürdige Unterbringung, der "Arbeiterstrich", Prostitution, Kriminalität und das Sozialgefälle in Europa angesprochen — eine Lösung wusste niemand.

"Wir haben uns vor der Sendung schon lange unterhalten. Das war hochinteressant. Selbst Lucy Diakovska, die erstaunlich unprätentiös und allürenfrei auftrat, konnte überzeugend argumentieren", so Willhardt.

Die Sängerin zeigte wenig Verständnis für Zuwanderer, die sich nicht integrierten. Allerdings: Selbst aus dem bulgarischen Bildungsbürgertum kommend, hatte sie ungleich bessere Voraussetzungen. Das sah auch Roma-Aktivist Hamze Bytyci so. Mit seiner Auffassung, Deutschland sei sowohl reich genug als auch moralisch verpflichtet, den Zuwanderern angemessene Lebensperspektiven zu bieten, erntete er nicht nur Zustimmung.

Immerhin: Integrationsminister Schneider versprach Willhardt, Hochfeld einen Besuch abzustatten. Schneider weiß, was ihn dann erwartet. Der Sozialdemokrat wohnt selbst im Dortmunder Norden — und dort sind die Probleme ähnlich gelagert wie in Hochfeld oder beim "Problemhaus" in Bergheim.

(RP/rl/jco)
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