SPD-Bundestagsabgeordnete fühlen sich vom Wähler ungerecht behandelt „Große Koalition hat viele Erfolge“

Die beiden Duisburger SPD-Bundestagsabgeordneten Bärbel Bas und Mahmut Özdemir wissen noch nicht, welchen Kandidaten für den Parteivorsitz sie unterstützen wollen. Das erklärten sie jetzt im Gespräch mit unserer Redaktion.

 Mahmut Özdemir beim Redaktionsgespräch.

Mahmut Özdemir beim Redaktionsgespräch.

Foto: Norbert Prümen (nop)

„Das mit dem Besenstiel funktioniert nicht mehr“, sagt Bärbel Bas und spielt damit auf das geflügelte Wort an, dass die SPD in Duisburg auch einen Besenstiel als Kandidat für ein politisches Amt aufstellen könnte – er würde gewählt. Diese Zeiten sind vorbei, dass weiß auch die Parlamentarische Geschäftsführerin ihrer Partei im Deutschen Bundestag. Die Konsequenz: Sie und Özdemir sind weitaus öfter in Duisburg unterwegs als nur zu Wahlkampfzeiten. Vor allem natürlich, wenn keine Sitzungswochen in Berlin sind. In der vergangenen Woche eine Veranstaltung im Biegerpark, eine Diskussion über Pflege, der Besuch eines Musikschulfestes in Rumeln oder die Jubilarfeier eines SPD-Ortsvereins- die Abgeordneten sind viel in ihrem Wahlkreis unterwegs. Schließlich sind sie direkt gewählt und möchten beim nächsten Mal gerne im Amt bestätigt werden. Zur stetigen Pendelei zwischen der Hauptstadt und Duisburg gibt es da keine Alternative.

„Entweder fliegen wir oder fahren mit dem Zug – je nach Terminlage“, berichtet Özdemir. War er am Wochenende in Duisburg, ist er häufig am späten Sonntagabend schon wieder auf dem Rückweg. „Mit dem Flugzeug spart man von Haustür zu Haustür eine Stunde“, berichtet Bärbel Bas. Die Pendelei, so Özdemir, sei keine wahltaktische Angelegenheit. Man wolle stets den Kontakt zum Bürger halten. „Wir sind so“, sagt er. Erst kürzlich habe sich ein Bürger gewundert, dass er auf eine Anfrage per E-Mail schon zwei Tage später eine Antwort des Abgeordneten hatte – Özdemir hält das für selbstverständlich, genau so wie Solidarität zu zeigen mit den Beschäftigten von Venator in Homberg, deren Arbeitsplatz bedroht ist. Oder auch für die Mitarbeiter der Grobblech-Sparte von thyssenkrupp steel in Hüttenheim. „Die Menschen erwarten viel von uns, aber wir können natürlich auch nicht jedes Problem lösen. Aber Solidarität zu zeigen ist auch wichtig. Gucken Sie doch einfach mal, welche Parteien bei Protestkundgebungen dabei waren und welche nicht“, sagt Bärbel Bas.

Dass es ihrer Partei in Duisburg, im Land und im Bund gerade nicht besonders gut, wissen die sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten. Zum Teil fühlen sie sich vom Wähler aber auch ungerecht behandelt. „Die Große Koalition in Berlin hat viele Erfolge zu verzeichnen, für die die SPD verantwortlich war. Aber es wird uns einfach nicht zugerechnet“, meinte Bärbel Bas.

  Bärbel Bas zu Gast in der Redaktion Duisburg

Bärbel Bas zu Gast in der Redaktion Duisburg

Foto: Norbert Prümen (nop)

Dass ausgerechnet der Austritt des früheren Duisburger Juso-Vorsitzenden Sebastian Ackermann aus der Partei und sein Wechsel zu den Grünen für Schlagzeilen sorgte, stößt indes bei beiden auf Unverständnis. „Ein wenig mehr Geduld wäre schon angebracht gewesen, zumal sich die Partei doch gerade noch im Umbruch befindet“, meint Bärbel Bas. „Ich war doch selbst neuen Jahre Juso-Vorsitzende und war auch nicht begeistert, wenn einer meiner tollen Anträge auf dem Unterbezirksparteitag nicht angenommen wurde“, sagt sie durchaus selbstironisch.

Für Özdemir ist der Fall da klarer: „Wer mal kurz in der SPD war und dann wieder austritt, der ist nie ein echter Sozialdemokrat gewesen“, meint er.

Als Abgeordneter aus Duisburg wird man häufiger auf das schlechte Image der Stadt angesprochen – Arbeitslosigkeit, soziale Probleme, Ghettobildung. „Das versuche ich immer in einen Vorteil umzumünzen und sage dann: Das ist genau der Grund, warum wir mehr Fördergelder für Duisburg brauchen. Und das ist in den vergangenen Jahren auch gut geglückt. Duisburg hat Fördergelder in dreistelliger Millionenhöhe bekommen, zum Beispiel für Stadtentwicklung oder Schulen“, so Özdemir.

Die vielen quälend lang erscheinende Debatte um den Parteivorsitz verteidigen beide, ohne sich selbst schon auf einen Kandidaten festgelegt zu haben. „Es ist halt sehr schwierig: Der oder die Kandidaten müssen die Partei führen können – und gleichzeitig auch bei allen Wählern punkten“, so Bärbel Bas. Aus diesem Grund könne sie für sich gleich mehrere Kandidaten aussschließen, aber es blieben noch immer vielversprechende Bewerber übrig. „Ich freue mich schon auf spannende Regionalkonferenzen, bei denen sich die Kandidaten präsentieren.“ Am Ende, so Özdemir, sei es ganz wichtig, dass die Entscheidung durch das Votum der Mitglieder falle.

Viel lieber aber wollen sie über Sachfragen sprechen. Zum Beispiel darüber, dass eine Vermögenssteuer für Superreiche wichtig sei, aber trotzdem eine überflüssige Neiddebatte hervorgerufen habe. Weder wolle man dem Mittelstand an das Betriebsvermögen noch Normalverdienern ans Ersparte. Und eine Bürgerversicherung könnte die Zweiklassengesellschaft bei der Krankenversicherung überwinden. Beides ist in einer Großen Koalition aber wohl so nicht machbar.

Wer soll es dann machen? „Wir brauchen eine linke Mehrheit im Deutschen Bundestag“, so Özdemir. Von Rot-Rot-Grün will er in diesem Zusammenhang aber lieber nichts wissen.

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