Duisburg Große Klappe mit was dahinter

Duisburg · Gestern wurden die Preise für die besten Produktionen des doxs!-Festivals vergeben, der Jugendsparte der Filmwoche. Den Hauptpreis bekam die deutsche Produktion "Joe Boots". Regisseur und der Protagonist wurden vom jungen Publikum gefeiert.

 Szenenfotos aus Filmen, die in dieser Woche bei "doxs!" zu sehen waren: "The Rabbit Hunt" (großes Foto), der preisgekrönte Animationsfilm "Die Zuflucht" (links) und "Die Zungenschneider", eine norwegische Produktion.

Szenenfotos aus Filmen, die in dieser Woche bei "doxs!" zu sehen waren: "The Rabbit Hunt" (großes Foto), der preisgekrönte Animationsfilm "Die Zuflucht" (links) und "Die Zungenschneider", eine norwegische Produktion.

Foto: doxs!

Jedes Festival könnte sich von der munteren Veranstaltung bei der gestrigen Preisverleihung zum "doxs!"-Festival eine Scheibe abschneiden. Mit viel Schwung sorgten die Schüler, die als Juroren auch die Filme zu bewerten hatten, für einen gelungenen Abschluss des Festivals, bei dem die besten aktuellen Dokumentarfilme für junge Leute vorausgewählt waren. Gestern ging es um die Wahl der Siegerfilme. Die moderierenden Schüler zeigten sich allesamt gut vorbereitet und stellten den Vertretern der Stadt, der Bundeszentrale für politische Bildung sowie der Landesfilmreferentin kluge Fragen. Darunter die, ob Dokumentarfilme für junge Leute alle Themen behandeln dürfen.

"Ja", war die eindeutige Antwort. Auch jungen Leuten könne man jedes Thema zumuten. Es komme nur darauf an, wie dieses Thema umgesetzt wird. Im Schnelldurchgang wurden nach der ersten Moderationsrunde alle nominierten Filme vorgestellt. Da konnte man sehen, dass das Themenspektrum genauso weit ist wie das bei der Duisburger Filmwoche, aus der das "doxs!"-Festival im Jahr 2002 als dokumentarische Kinder- und Jugendsparte hervorgegangen ist, initiiert von Gudrun Sommer. Im Unterschied zur Filmwoche stehen beim "doxs!"-Festival grundsätzlich Produktionen aus allen Ländern zur Auswahl, nicht nur aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die zunehmende Wertschäztung für das "doxs!"-Festival zeigt sich darin, dass nun zum zweiten Mal ein europäischer Preis verliehen werden konnte. "Det trygge huset / Die Zuflucht" des norwegischen Regisseurs Robin Jensen ist der Gewinner dieses ECFA Documentary Award bei doxs!.

Der vom europäischen Verband für Kinder- und Jugendfilm (ECFA) ausgelobte Filmpreis würdigt den besten europäischen Kinderdokumentarfilm und wurde 2016 zum ersten Mal in Duisburg verliehen. In dem animierten Dokumentarfilm berichten fünf Kinder und Jugendliche von ihren Erfahrungen häuslicher Gewalt und ihrer Zeit in einem öffentlichen Wohnheim, wo sie mit ihren Müttern Schutz und Unterstützung erhielten. In der Jurybegründung heißt es: "Die einfache wie schöne Kombination aus ästhetischen und narrativen Elementen bleibt nah an den ProtagonistInnen und besitzt universelle Relevanz. Besonders begeistert uns der originelle und symbolische Ansatz im Storytelling, der fließende Rhythmus und die starken authentischen Details auf der Bild- und Tonebene, die das Erzählte für das Publikum emotional greifbar machen." Die dreiköpfige Jury bestand mit Elise Van Beurden (Belgien) und Remke Oosterhuis (Niederlande) aus zwei Vertreterinnen der über 100 ECFA-Mitgliederorganisationen und wurde von Marc-André Schmachtel (Deutschland) komplettiert. Der Hauptpreis des Festivals wird von der Bundeszentrale für politische Bildung vergeben und ist mit 5000 Euro dotiert. Er trägt den schönen, aus den Dreharbeiten bekannten Namen "Große Klappe". Die ging gestern an den Berliner Filmemacher Florian Baron für seine halbstündige Dokumentation "Joe Boots".

Es geht darin um die Geschichte des jungen Kriegsveteranen Joe Boots in der von Arbeitslosigkeit geprägten Stadt Pittsburgh (USA). Im Film sagt Joe Boots: "Manchmal wünschte ich mir, sie hätten mir die Arme weggeschossen, damit jeder sehen kann, dass mit mir etwas nicht stimmt." In einer experimentellen dokumentarischen Form porträtiert der Berliner seinen Protagonisten bei dem Versuch, in ein normales, geregeltes Leben zurückzufinden - mit allen sichtbaren und unsichtbaren, körperlichen und psychischen Versehrtheiten. Die zehnköpfige Jugendjury zeigte sich beeindruckt ob "der ästhetisch anspruchsvollen Bilder, die auf überzeugende Art und Weise mit dem Inhalt verknüpft sind" und hebt in der exzellenten Jurybegründung "das Aufgreifen verschiedener Perspektiven zum Thema Krieg, darunter Aspekte wie die Verherrlichung von Kriegseinsätzen, Kritik am Patriotismus oder der Umgang der Gesellschaft mit Zurückkommenden" hervor. "Diese sehr ästhetische Darstellung der Konflikte des Veteranen geben dem Film eine besondere dokumentarische Kraft, die uns berührt und vollkommen überzeugt hat."

Es war eine Sternstunde des Festivals, den Protagonisten Joe Boots persönlich gestern erleben zu können. Das junge und das ältere Publikum feierten diesen Menschen, der den schweren Weg zurück ins Leben geschafft hat.

(pk)
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