Duisburg "Glokaler" Bach und viel rote Farbe

Duisburg · Am Sonntag gab es zwei jeweils etwa einstündige Performances zu erleben: "Glocal Bach" von dem in Duisburg ansässigen Kaiser Antonino Dance Ensemble und "Not on Earth" von der in Duisburg aufgewachsenen Nezaket Ekici.

 Die Tänzer fanden bei "Glocal Bach" auch ganz eigene Wege des Ausdrucktanzes in der St.-Joseph-Kirche am Dellplatz.

Die Tänzer fanden bei "Glocal Bach" auch ganz eigene Wege des Ausdrucktanzes in der St.-Joseph-Kirche am Dellplatz.

Foto: Andreas Probst

Die beiden Tänzer Sergio Antonino und Avi Kaiser sind seit 14 Jahren ein fester Bestandteil des Duisburger Kulturlebens. Ihr jüngstes Projekt wurde jetzt hier uraufgeführt, am vergangenen Sonntag in der katholischen Kulturkirche St. Joseph am Dellplatz. Es heißt "Glocal Bach" und passt gut zu Duisburg - einer Stadt, in der Menschen aus vielen Nationen zu Hause sind und in der es einen Hafen gibt, von dem aus Güter in alle Welt transportiert werden. "Glocal" ist ein Kunstwort, in dem die Begriffe "global" und lokal" in der internationalen englischen Schreibweise verschmelzen. Mit im Boot sind dabei die beiden jungen und vorzüglichen Jerusalemer Tänzerinnen Hila Cohen und Miriam Engel sowie der Saxophonist Florian Walter und der Akkordeonist Marko Kassl. Die beiden Musiker schufen einen elektronischen Soundtrack, dessen roter Faden "Die Kunst der Fuge" von Johann Sebastian Bach ist, in verschiedenen Interpretationen und Verfremdungen.

Das reiht sich zum einen ein in die große Tradition von klassischen Choreographien auf die Musik von Bach, das geht aber auch ganz eigene Wege des Ausdruckstanzes. Je näher die Klänge an Bach sind, umso synchroner und ausgeglichener werden die Bewegungen. Es geht um das irdische Jammertal, aus dem nur die Anmut des Menschen und die - nach menschlichen Maßstäben - vollkommene Kunst Auswege zu bieten scheinen. Das zeigt wieder einmal die für Kaiser/Antonino charakteristische Mischung aus "athletisch" und "federleicht".

Mehr als einmal denkt man als Zuschauer "das kann nicht gesund sein", etwa wenn ein Tänzer sich auf allen Vieren niederlässt, eine Tänzerin auf seinem Rücken zu stehen kommt und er sich sogar noch ein wenig erhebt. Nach gut einer Stunde war das Publikum restlos begeistert.

Kurz nach der Tanz-Performance in St. Joseph gab es eine Kunst-Performance vor dem Eingang des Lehmbruck-Museums. "Not on Earth" ist das jüngste Werk von Nezaket Ekici, geboren 1970 in der Türkei, aufgewachsen in Duisburg und längst international erfolgreich. Fast eine Stunde lang kippt die Künstlerin aus 20 Eimern rote Farbe, vermischt mit Wasser und Kleister, meist über den eigenen Kopf, wälzt sich dann darin und "bemalt" somit eine 20 Meter lange weiße Bahn, wie einen roten Teppich oder eine rote Fahne.

Das geht eindrucksvoll an existenzielle Grenzen, Nezaket Ekici verausgabt sich bei ihren Performances jedes mal völlig, hier hörte man sie schnaufen, stöhnen und sogar husten. Im Gegensatz zu "Glocal Bach" hatte das Thema bei "Not on Earth" aber nicht genügend Variationen, schon nach einer Viertelstunde ging es nur noch darum, ob die Performerin durchhalten würde.

"Glocal Bach" ist noch zu erleben am kommenden Freitag, 2. September, um 20 Uhr, im Rahmen des Platzhirsch-Festivals im Lehmbruck-Museum sowie am 15. und 16. September in Tel Aviv.

(hod)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort