Serie Duisburger Geschichte & Geschichten Hieb- und Stichwaffen sichern Mannesehre

Duisburg · Für Studenten der alten Universität Duisburg war das Duell und die Mensur ein Männlichkeitsbeweis. Heute hat der Fechtsport mit den archaisch anmutenden Riten wenig gemein.

Die Collage zeigt eine studentische Waffenausstattung um das Jahr 1785 (oben), Fechttraining (unten links) und ein Duell zweier Kontrahenten (unten rechts.)   Collage: Küst

Die Collage zeigt eine studentische Waffenausstattung um das Jahr 1785 (oben), Fechttraining (unten links) und ein Duell zweier Kontrahenten (unten rechts.) Collage: Küst

Foto: Küst

Das Waffentragen gehörte nach Gründung der Alten Universität Duisburg ganz selbstverständlich zum universitären Alltag. Es diente als Status- und Distinktionszeichen, um sich vom einfachen Bürger abzugrenzen. Unterricht im Umgang mit Hieb- und Stichwaffen erteilten Fechtmeister. Pauken nannte sich das intensive Training. Die Mehrheit der Studenten ging verantwortungsvoll mit den Waffen um, aber blutige Auseinandersetzungen gab es zuhauf. So gingen die Kämpfe zwischen den Studenten Koch und Plönnes im Jahr 1728, als dem Marburger „duisburgerisch“ gelehrt wurde, mit üblen Verletzungen einher. Friedrich der Große untersagte 1750 das Waffentragen in der Öffentlichkeit, aber die universitäre Gerichtsbarkeit war für ihre eher milden Strafen bekannt. Studiengebühren der rauflustigen Studenten waren eine willkommene Einnahmequelle für die klamme Universitätskasse.

Das Reichsduellverbot von 1668 wurde über zwei Jahrhunderte immer wieder missachtet – auch in Duisburg.  Duelle mit tödlichem Ausgang wurden billigend in Kauf genommen. Eine zentrale Rolle spielte die Ehrverletzung, beispielsweise üble Nachrede, Verleumdung, Verunglimpfung, Beleidigung, um den Gegner auf gleicher Standeshöhe zu einem Duell herauszufordern. Dies erfolgte durch einen Schlag mit der Hand, Berührung mit der „Hetzpeitsche“ oder gar mit dem Entleeren des gefüllten Nachttopfes auf den Kopf des Gegners.  Das Letztere entsprach allerdings nicht den Regeln, die die einzelnen Eskalationsstufen vorgaben. Der Beleidigte konnte durch eine beleidigende Antwort (Pereat, Hundsfott, Schweinekerl) noch schlimmer kränken oder gleich die Wahl der Waffen anbieten.

Wer sich vor dem Kreuzen der Klingen drücken wollte, galt als „klingenscheues Wesen“. Manch einer „flüchtete“ vor das Akademische Gericht und beklagte sich beim Senat. Aber oft waren weitere ehrverletzende Spottverse oder Schmähschriften die Quittung für den „Hasenfuß“. Ein aus heutiger Sicht seltsam wirkender männlicher Ehrbegriff bestimmte das Leben. Wer seine Ehre verloren hatte, der hatte alles verloren.

Anders als das Duell war die Mensur ein streng reglementierter Fechtkampf zwischen zwei männlichen Mitgliedern verschiedener Studentenverbindungen mit scharfen Waffen. Es ging nicht um Leben und Tod, sondern um Mut, Disziplin, Selbstbeherrschung und Überwindung eigener Ängste.

Die Verhaltensnormen der Studenten waren im so genannten Comment schriftlich festgehalten. Eine Mensur war bestanden, wenn der Paukant über die gesamte Partie die Regeln, also das Comment, eingehalten hat. Hatte ein Paukant während der Mensur beispielsweise Angst durch Rückzug oder Ducken gezeigt, galt die Partie als nicht bestanden. Schlagende, besonders pflichtschlagende Verbindungen betrachten die Mensur auch heute noch als Teil zur Persönlichkeitsbildung.

Studentenverbindungen und die Burschenschaftsbewegung von 1815 pflegten die Fechtkunst weiter. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erhielt das Fechten mit dem Turnen in den napoleonischen Freiheitskriegen eine patriotische Zielsetzung.Mit der Auflösung der Universität Duisburg verschwand allerdings das studentische Fechten aus der Stadt.

Gleichwohl fand die Hinwendung zum neuzeitlichen Fechten im TV 1848 e.V. eine breitere Anhängerschaft. Die vorhandenen Duisburger Vereinsstrukturen wurden zu Motoren des Sportfechtens.   Eine eigene Fechtabteilung im Duisburger Turn- und Sportverein 1848/99 wurde im Jahr 1911 gegründet. Der Fechtboden (Sporthalle) befand sich am Burgacker. In den 1920er Jahren eroberten Frauen den Fechtsport.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde durch die Alliierten mit der Kontrollratsdirektive Nr. 23 vom 17. Dezember 1945 ein Fechtverbot verfügt. Die Fechter in Duisburg unterliefen geschickt das Verbot und übten sich derweil im  Theaterfechten und inszenierten Bühnenkämpfe am Kurhaus Raffelberg. Das Fechtverbot wurde schließlich am 21. März 1950 wieder aufgehoben. Der heutige Fechtsport hat mit den archaischen Männlichkeitsriten wenig gemein. Doch Disziplin und gegenseitiger Respekt werden im Sportfechten weiter großgeschrieben.

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