Duisburg Galgenlieder und ein Liebesroman

Duisburg · In das jüngste, zweite Philharmonische Konzert in der Philharmonie Mercatorhalle hatte der junge finnische Gastdirigent Ville Matvejeff zwei Werke mitgebracht, die in dieser Form noch nie in Duisburg erklungen waren.

 Das war ein vorzügliches Philharmonisches Konzert - doch Duisburgs zukünftigen Generalmusikdirektor haben wir hier wohl eher nicht erlebt.

Das war ein vorzügliches Philharmonisches Konzert - doch Duisburgs zukünftigen Generalmusikdirektor haben wir hier wohl eher nicht erlebt.

Foto: Giovanni Pinna

Mit 21 Jahren komponierte Paul Hindemith 1916 die halbstündige Lustige Sinfonietta d-Moll op. 4. Sie zeigt noch den Einfluss von Richard Strauss und Max Reger, aber auch schon viel Eigenes. Inspirieren ließ sich der junge Komponist von dem skurrilen deutschen Dichter Christian Morgenstern, zu einem originellen Werk, dessen - wie Hindemith in einem Brief schrieb - "erster Satz von den Galgenbrüdern handelt - (mit einer Fuge als Durchführung: Das große Lalulá!). Der zweite Satz schildert zoologische Merkwürdigkeiten, und der letzte soll Variationen über das Thema ,Palmström' bringen." Entsprechend ist die Musik oft parodistisch, etwa wenn Haupt- und Nebengedanken die Rollen tauschen oder die Fuge "verkehrt" wird - und das auf hohem handwerklichem Niveau. Uraufgeführt wurde die Lustige Sinfonietta erst 1980, also 64 Jahre nach ihrer Entstehung und 17 Jahre nach dem Tod des Komponisten.

Jetzt war Hindemiths bedeutendstes Frühwerk erstmals in Duisburg zu hören. Etwas anders verhielt es sich mit dem zweiten Werk des Abends, der fast einstündigen "choreographischen Sinfonie", also der kompletten Ballettmusik "Daphnis et Chloé" (1909-12), dem umfangreichsten und überhaupt wichtigsten Werk von Maurice Ravel. Oft werden ein oder zwei Suiten daraus aufs Programm gesetzt, aber das Ganze wurde in den Duisburger Philharmonischen Konzerten bislang nicht aufgeführt (in Duisburg vor Jahrzehnten als Ballett an der Deutschen Oper am Rhein). Ravel folgte in seiner Komposition einem berühmten Roman der Antike, eben "Daphnis und Chloé" von Longos. Das ist eine ländliche Idylle, in der zwei Hirtenkinder die Liebe entdecken. Die Musik zaubert daraus erotische Sprengkraft. Der finnische Gastdirigent Ville Matvejeff, Jahrgang 1986, erwies sich als souveräner Lotse durch diese komplexen Partituren, durchforstete das Stimmengeflecht und ließ die vielen umwerfenden Solostellen vor allem der Holzbläser (stellvertretend genannt sei der Soloflötist Stephan Dreizehnter) zu ihrem Recht kommen. Es fehlte seinen Aufführungen aber weitgehend jener Funke, der Melodien und Rhythmen erst so richtig zum Blühen bringt. Das war ein vorzügliches Philharmonisches Konzert - doch Duisburgs zukünftigen Generalmusikdirektor haben wir hier wohl eher nicht erlebt. Die Gastdirigenten der Saison 2017(18 bewerben sich ja mit ihren Auftritten für diesen Posten ab 2019 (die RP berichtete). Der von Marcus Strümpe einstudierte philharmonische chor duisburg assistierte bei Ravel erfolgreich mit textlosen Vokalisen.

Mittel- und Osteuropa ist das Thema im nächsten, dritten Philharmonischen Konzert am 15. und 16. November. Joana Mallwitz, die 2014 mit 26 Jahren als jüngste GMD Deutschlands am Theater Erfurt engagiert wurde, rahmt mit den "Tänzen aus Galánta" und der "Háry-János-Suite", den beiden bekanntesten Werken des vor 50 Jahren gestorbenen Ungarn Zoltán Kodály. Dazwischen kommen die sinfonische Dichtung "Die Mittagshexe" des Tschechen Antonín Dvorák und das beliebte erste Klavierkonzert des Russen Peter Tschaikowsky mit der französischen Solistin Claire-Marie Le Guay.

Karten gibt es am einfachsten im Internet unter karten@theater-duisburg.de.

(hod)
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