RP-Serie: Bedeutende Duisburger Demokraten Freiheitlichen Grundwerten verpflichtet

Duisburg · Friedrich Albert Lange (1828 - 1875) setzte sich in Duisburg für ein besseres Leben der Arbeiterschaft ein. Als man ihn maßregeln wollte, kündigte er seine Lehrerstelle am städtischen Gymnasium. Als Publizist pochte er auf die Verfassung.

 Friedrich Albert Lange, Vorkämpfer der Sozialdemokratie in Duisburg und Mitteleuropa.

Friedrich Albert Lange, Vorkämpfer der Sozialdemokratie in Duisburg und Mitteleuropa.

Foto: Stadtarchiv

Friedrich Albert Lange (*28.9.1828, 21.11.1875) ist kein Geringerer als einer der wichtigsten Theoretiker und Vorkämpfer der Sozialdemokratie in Duisburg und im deutschsprachigen Mitteleuropa gewesen. Sein Nachruhm gründet vor allem auf seinen Schriften über die soziale Frage seiner Zeit. Langes Hauptwerk zur Geschichte des Materialismus hat er noch zum Ende seiner Duisburger Zeit im Jahre 1866 verfasst. In diesen acht Jahren an Rhein und Ruhr steht jedoch nicht sein philosophisches Schaffen, sondern die Sorge um die Arbeiterschaft und sein Eintreten für die preußische Verfassung im Vordergrund. Eine Gesamtbetrachtung seines Lebens kann dieser Kurzartikel natürlich nicht leisten.

Der gebürtige Solinger wuchs unter anderem in Duisburg auf, verlebte seine Jugendjahre in der Schweiz und zog erst für sein Studium zurück ins Rheinland. Dietrich Wilhelm Landfermann holte Lange schließlich im Frühjahr 1858 als Lehrer ans städtische Gymnasium nach Duisburg. Die Stadt hatte sich in den 1860er Jahren in eine prosperierende Industriestadt mit einem selbstbewussten Bürgertum und einer wachsenden Arbeiterschicht entwickelt. Noch als Anhänger der linksliberalen Deutschen Fortschrittspartei widmete sich Lange der Emanzipation und Organisation der Arbeiter und ihrer Interessen. Die aufkommende Arbeiterbewegung ermöglichte ihm ein aktives Mitwirken an der Besserstellung der Arbeiterschaft. Sein Engagement in der nationalen Arbeiterbewegung betrieb er bis zu seinem Fortgang aus Deutschland Ende des Jahres 1866. Die Erfahrungen aus seiner Tätigkeit bei der Duisburger Handelskammer verwandte Lange auf die Selbstorganisation der Arbeiterinnen und Arbeiter in Form von Genossenschaften.

Für diese Jahre ist auch seine publizistische Tätigkeit hervorzuheben: Eine große Reichweite gelang ihm besonders mit dem "Boten vom Niederrhein". In dessen Leitartikeln kritisierte und polemisierte Friedrich Albert Lange gegen die autoritären Züge des preußischen Staates, zum Beispiel mit einer deutschlandweiten Petition gegen das Arbeiter und Kleinbürger diskriminierende Dreiklassenwahlrecht im Jahre 1865. Außerdem sprach er dort die vermeintlich an Klasseninteressen vorgenommene Ausrichtung der liberalen Parteien an sowie die Entwicklungen in der sich formierenden Arbeiterbewegung um Ferdinand Lassalle und August Bebel. Ebenso stand er in Briefkontakt mit Friedrich Engels und Karl Marx in London, mit denen er über sozialrevolutionäre Thesen diskutierte. Darüber hinaus hat Friedrich Albert Lange in seiner Duisburger Zeit politisch Stellung genommen zum Verhalten des damaligen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck gegenüber der geltenden preußischen Verfassung vom Januar 1850, die ihre konstitutionelle Ausrichtung in der Revolution von 1848 hat. Bismarck hatte sich über diese in der Frage des Heeresbudgets 1862 hinweg gesetzt (sogenannte Lückentheorie). Infolge dieses Vorgehens politisierte sich Lange erstmals und protestierte öffentlich gegen die Regierung des Ministerpräsidenten und für einen verfassungsgemäßen Militäretat. Lange gibt in dieser Frage Beispiel für die modern anmutende Denkrichtung des Verfassungspatriotismus.

Als die Schulbehörde den Gymnasiallehrer Lange für seine Opposition zurechtweisen wollte, kündigte er unter Protest seinen Dienst. Infolgedessen konzentrierte sich Lange verstärkt auf seine journalistische Karriere. Über die Zeitungen war es ihm in den folgenden Jahren weiterhin möglich, öffentliche Kritik an der Politik der Bismarck-Regierung zu üben. Erwähnenswert ist hier zum Beispiel sein "Steuerstreik" gegen Kriegsvorbereitungen Preußens im Jahre 1865. Lange ließ es also auf die Konfrontation mit der Staatsmacht ankommen, da es ihm wichtig war, dass die Öffentlichkeit seine oppositionelle Haltung wahrnehmen konnte. Diese Einstellung entspricht seiner politischen Grundhaltung. Obwohl er sich vom politischen Liberalismus in Gestalt der Fortschrittspartei abgewandt hatte, blieb er den freiheitlichen Grundwerten verpflichtet.

1866 kehrte Lange - verbittert von positiven Reaktionen der deutschen Öffentlichkeit auf den kleindeutsch-preußischen Sieg im Deutschen Krieg und somit in der Deutschen Frage - in die Schweiz zurück, wo ihm eine Lehrstelle am Gymnasium Winterthur angeboten worden war. Aus seiner Duisburger Zeit bleibt die Erinnerung, dass Friedrich Albert Lange in seinem staatsbürgerlichen Selbstverständnis in Tradition der deutschen Revolution sich den gesellschaftlichen Veränderungen seiner Zeit mit einem sozialen Verantwortungsgefühl gewidmet hat.

Alexander Olenik (23 Jahre) ist Student der Geschichtswissenschaft und Mitglied der FDP Duisburg. Die Serie entsteht in Zusammenarbeit mit dem "Verein Gegen Vergessen - Für Demokratie".

(RP)
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