Duisburg Französischer Ruhrort-Roman jetzt auf Deutsch

Duisburg · Ein französischer Roman, der in Duisburgs Hafenstadtteil Ruhrort spielt? Das ist "Galadio" (2010) von Didier Daeninckx, den ein Übersetzerteam der Deutsch-französischen Gesellschaft (DFG) Duisburg jetzt ins Deutsche übertragen hat.

Daeninckx wurde 1949 in Saint-Denis bei Paris geboren, wo er bis heute lebt. Er wuchs in einem politisch engagierten Arbeitermilieu auf, entsprechend sind seine Werke oft gesellschaftskritisch. In den achtziger Jahren wurde er zu einem der Erneuerer des französischen Kriminalromans. Mit Themen wie Resistance, Kollaboration, Algerienkrieg, Flüchtlinge in der französischen Gesellschaft und Abschiebepolitik des französischen Staates lösten seine Romane immer wieder gesellschaftliche Debatten aus. Seine Bücher wurden in jenen französischen Gemeinden, die vom rechtsextremen "Front National" regiert werden, aus den öffentlichen Bibliotheken entfernt. Der Autor war bereits mehrfach in Duisburg, so stellte er hier neben "Galadio" auch seinen Roman "Caché dans la maison des fous" (2015) vor (die RP berichtete).

"Galadio" spielt in Deutschland in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Aufgewachsen bei seiner ledigen Mutter in Duisburg, stürzt die beginnende Nazi-Herrschaft den 13-jährigen Ulrich Ruden in große Schwierigkeiten. Denn er ist Sohn eines farbigen französischen Soldaten, der während der Besetzung des Rheinlandes dort stationiert war. Ulrich hat seinen Vater nie gesehen und gerät wegen seiner Hautfarbe in die Mühlen der Verfolgung. Ein rettender Zufall führt ihn in die Filmstudios der UfA nach Babelsberg bei Berlin, wo er als Komparse in Propagandastreifen auftreten muss. Er nutzt Dreharbeiten in Afrika zur Flucht und macht sich auf die Suche nach seinem Vater. Als Ulrich Galadio Ruden kehrt er in seine vom Krieg zerstörte Heimatstadt Duisburg zurück, in der nichts mehr so ist, wie es einmal war.

Das haben Waltraud Schleser, Rainer Gutenberger, Ulrike Hebel und Jürgen Donat jetzt also ins Deutsche übersetzt, mit freundlicher Mithilfe des Autors. Dabei mussten sie einige Passagen, die der eigentlich immer sehr genau recherchierende Daeninckx für ein französisches Publikum geschrieben hat, entsprechend anpassen. Zum Beispiel konnte man es sich in den 30er Jahren in Deutschland nicht leisten, jeden Morgen Brot zu kaufen - die betreffende Stelle (gleich auf der ersten Seite) lautet nun: "Wie jeden Morgen, wenn ich Brot gekauft habe...". Das entstandene Buch ist besonders anschaulich, weil es passende Bilder aus dem Duisburger Stadtarchiv enthält.

In Anerkennung dieses Aktes von gelebter deutsch-französischer Freundschaft hat der Französische Botschafter in Deutschland der DFG Duisburg für diese Übersetzung den ersten Preis des "Prix Joseph Rovan 2016" zuerkannt. Vom Institut francais wurde die Übersetzung 2017 mit dem Label "Duisbourg en francais - Duisburg auf Französisch" ausgezeichnet.

Didier Daeninckx: Galadio, Magenta-Verlag, Kempen 2017, 150 Seiten, 9,90 Euro, ISBN 978-3-944299-13-6

(hod)
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