Duisburg Forschen und wiedergutmachen

Duisburg · Der spektakulärste Fall einer Kunst-Rückgabe dürfte noch in Erinnerung sein: Vor wenigen Wochen wurde das Gemälde „Berliner Straßenszene“ von Ernst Ludwig Kirchner für 38 Millionen Dollar bei Christie’s versteigert. Das Berliner Brücke-Museum hatte das Bild an eine Erbin des früheren jüdischen Besitzers zurück gegeben, die wiederum das Bild versteigern ließ. Nach seinen eigenen Erfahrungen fordert Prof. Brockhaus, dass man bei Restitutionsgesuchen nach gerechten Lösungen suchen müsse. Er lehnt Forderungen nach einer Verjährung ab. Brockhaus hofft, dass über den Kulturstaatsminister Bernd Neumann eine Arbeitsgruppe eingerichtet wird, die sich unter professionellen Bedingungen mit der Herkunft von Kunstwerken beschäftigt. Bislang wird eine solche „Provenienzforschung“ nur in der Hamburger Kunsthalle von Ute Haug geleistet. Es gehe, wie die Erfahrung mit dem Nolde-Werk zeigt, um einen Zeitraum, der von 1933 bis zur Gegenwart reichen kann.

Welche gigantische Arbeit auf eine solche Arbeitsgruppe und die Museen zukommt, kann man kaum abschätzen: Brockhaus glaubt, dass etwa 2000 Museen Werke besitzen, deren Herkunft nicht lückenlos klar ist und die möglicherweise Objekte von Rückgabeforderungen werden können. Im Lehmbruck-Museum versuchen die Mitarbeiter bereits intern, die Besitzverhältnisse „verdächtiger“ Werke zu klären. Auf einen Aspekt, der gewissermaßen die Ironie der Geschichte spiegelt, machte Brockhaus im Gespräch mit der RP aufmerksam: Dr. Händler hat 1956 das expressionistische Nolde-Gemälde für Duisburg nicht zuletzt deshalb gekauft, weil er eine Wiedergutmachung gegenüber einer Kunstrichtung leisten wollte, die von den Nazis verfemt wurde.

(RP)
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