Rp-Serie Duisburger Geschichte Und Geschichten Flugboot DO-X begeistert die Duisburger

Duisburg · Die DO-X überquerte den Atlantik und ließ sich 1932 in New York bestaunen. Auf ihrer Rückkehr flog die DO-X mehrere deutsche Städte an.

 Die DO-X bei ihrem Zwischenstopp in Duisburg.

Die DO-X bei ihrem Zwischenstopp in Duisburg.

Foto: Stadtarchiv

Das Aufkommen von Autos, Motorrädern und Flugzeugen Anfang des 20. Jahrhunderts ging mit einer enormen Technikbegeisterung der Duisburger einher. Seit den ersten Flugversuchen der Brüder Strack waren die Duisburger der Fliegerei eng verbunden. 1912 entstand in Neuenkamp der erste Flugplatz. Strack eröffnete dort die erste florierende Flugschule. Damals fand dort überwiegend Motor- und Segelflugsport statt.

Große Maschinen konnten in Neuenkamp allerdings nicht landen. Angesichts fehlender Großflugplätze setzten die Flugzeugkonstrukteure in den 20er Jahren auf "Flugboote". Das riesige Flugschiff Do-X, ein Symbol deutscher Ingenieurkunst, glich mehr einem Schiff als den heutigen Flugzeugen. Die Maschine startete und "landete" im Wasser. Die DO-X überquerte den Atlantik und ließ sich 1932 in New York bestaunen. Auf ihrer Rückkehr flog die DO-X mehrere deutsche Städte an, darunter auch Duisburg.

In einer Zeit hoher Arbeitslosigkeit - die Quote lag in Duisburg über 35 Prozent - begeisterten sich die Duisburger für die Luftfahrttechnik, doch den Traum vom Fliegen konnte sich in der krisengeschüttelten Republik kaum jemand leisten. Aber gerade deshalb strömten am 6. September 1932 Tausende Zuschauer zur Mühlenweide, um das riesige Flugschiff DO-X zu bestaunen.

Schon seit 9 Uhr morgens hatte sich eine Völkerwanderung in Richtung Ruhrort in Bewegung gesetzt. Obwohl viele Arbeitslose, die über mehr Zeit als Geld verfügen, sich die Straßenbahnfahrscheine ersparten und zu Fuß gingen oder mit dem Fahrrad fuhren, waren die Einsatzwagen der Straßenbahn hoffnungslos überfüllt. Autobusunternehmer der benachbarten Städte brachten weitere Neugierige, so dass gegen 11.00 Uhr etwa 35.000 Besucher geschätzt wurden. Am Steiger der Firma Luwen an der Mühlenweide hatten sich die Prominenten des Flugvereins versammelt. Über Telefon traf die Nachricht ein, dass die DO-X um 8.48 Uhr in Hamburg gestartet sei und gegen 12.50 Uhr eintreffen werde. Pünktlich zur angegebenen Ankunftszeit tauchte das Flugschiff aus dem Dunst über Hamborn auf, überflog in etwa 150 Meter Höhe die Rheinbrücke und ging nach einigen Schleifen um 13.08 Uhr sicher auf dem Wasser nieder. Tausende applaudierten bei der Wasserung an der Mühlenweide. Es war ein "Event" der besonderen Art. Eisverkäufer und Gastwirte freuten sich - der Umsatz in wirtschaftlich schwierigen Zeiten war ein willkommenes Zubrot.

 Der Innenraum des Wasserflugszeug war deutlich luxuriöser gestaltet als man es von modernen Verkehrsmaschinen kennt.

Der Innenraum des Wasserflugszeug war deutlich luxuriöser gestaltet als man es von modernen Verkehrsmaschinen kennt.

Foto: Lufthansa Aviation Center

Die DO-X blieb noch bis Montag in Ruhrort, so dass viele die Gelegenheit nutzten, das Flugschiff aus der Nähe zu sehen. Die zwölf wassergekühlten Motoren auf den Tragflächen mit 48 Meter Spannweite wurden allseits bestaunt. Verblüfft hörten die Besucher, dass die Motoren 6.600 PS leisteten und während des Fluges über Laufgänge gewartet werden konnten. Innen ging es luxuriös zu: Auf drei Decks gab es neben großzügigen Passagierkabinen eine Küche, einen Gesellschaftsraum, einen Schlafsalon, einen Rauchsalon und eine Bar. Echte Perserteppiche unterstrichen den 1. Klasse Charakter. 169 Passagiere konnten maximal befördert werden; eine Zahl die erst 20 Jahre später übertroffen wurde. Die DO-X war damals das mit Abstand größte Flugzeug der Welt. Ein regelmäßiger Transatlantikverkehr mit der DO-X wurde allerdings nie realisiert. Das spektakuläre Projekt konnte nie in eine Serienfertigung überführt werden. Es wurden nur zwei Maschinen zu Testzwecken an Italien verkauft. In Deutschland wurde in der NS-Zeit dem Passagierflug nicht mehr die größte Aufmerksamkeit geschenkt. Jetzt hatte die militärische Aufrüstung absolute Priorität. Der DO-X Prototyp landete im Berliner Luftfahrtmuseum und wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.

20 Jahre später: Der Zweite Weltkrieg hatte in Duisburg eine Ruinenlandschaft hinterlassen, aber ein nie erwartetes Wirtschaftswunder sorgte für verhaltenen Optimismus. 6.000 Mark kostete in den 50er Jahren ein Flug nach New York City. Zum Vergleich: Ein Brezel VW Käfer mit 25 PS unter der Haube kostete 4.150 Deutsche Mark. Fliegen blieb auch in den 50er Jahren für den Normalbürger noch ein beinahe unerfüllbarer Traum. Das änderte sich in den 60er Jahren: Die Löhne stiegen und die Flugpreise sanken - immer mehr Menschen konnten sich eine Flugreise leisten. Der Düsseldorfer Flughafen entwickelte sich zum drittgrößten in Deutschland. Den Vorteil der kurzen Anfahrt nutzten immer mehr Duisburger Flugtouristen.

Der Weg zum Massentourismus unserer Zeit war damit frei.

(RP)
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