Duisburg Filmwoche: Demaskierung eines Seelen-Zerstörers

Duisburg · Der menschliche Faktor zählt auch bei der 37. Duisburger Filmwoche. Zu den berührendsten Filmen, die bislang zu sehen waren, gehört die österreichische Produktion "Meine keine Familie" von Paul-Julien Robert. Robert ist in der berüchtigten Kommune geboren worden, die der österreichische Aktionskünstler Otto Muehl in den 70er Jahren gegründet hatte. Frei sollte es da zugehen. Die Konventionen der bürgerlichen Welt sollten dort nicht zählen. Auch die Liebe sollte frei sein.

 Filmemacher Paul-Julien Robert wuchs in der Otto-Muehl-Kommune auf.

Filmemacher Paul-Julien Robert wuchs in der Otto-Muehl-Kommune auf.

Foto: filmwoche

Zweisamkeit war verpönt, stattdessen sollte der Mensch in der Gruppe Erfüllung finden und sich entfalten. In den Augen vieler damals junger Menschen klang diese Botschaft attraktiv. Auch die Mutter des Filmemachers Paul-Julien Robert fühlte sich von der nach außen getragenen Botschaft der "Aktionsanalytischen Organisation" (AAO) von Otto Muehl angezogen. Die Mutter fiel, daran lässt die Dokumentation keinen Zweifel, auf einen diktatorischen Guru rein, der Menschen in seinen Bann zu ziehen wusste, um sich rücksichtslos selber zu verwirklichen.

Paul-Julien Robert arbeitete mit seinem Film seine eigene Biografie und die seiner Mutter auf. Er sichtete das umfangreiche Archivmaterial und besuchte mit der Kamera ehemalige Bewohner der AAO-Kommune. Und immer wieder befragte er seine Mutter nach dem Warum. Zu einem offenen Konflikt vor der Kamera kommt es zwar nicht, dennoch wird klar, dass die Mutter des Filmautors einem Seelen-Zerstörer in die Fänge geraten ist. Es treibt einem heute noch die Tränen des Mitleids und der Empörung in die Augen, wenn man auf alten Archivaufnahmen sieht, wie Otto Muehl einen kleinen Jungen bloßstellt, der bei der geforderten Performance nicht mitspielen möchte.

Keiner aus der gesamten Kommune tröstet das schluchzende Kind. Der Film ist eine aufklärende Abrechnung.

(RP)
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