Duisburg Filmemacher deuten die Wirklichkeit

Duisburg · Am Montagabend wird die 38. Duisburger Filmwoche eröffnet. Vom 3. bis 9. November werden im Filmforum insgesamt 27 Dokumentarfilme aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gezeigt und anschließend diskutiert.

 "Göttliche Lage - eine Stadt erfindet sich neu" heißt die Dokumentation, in der Kinder die wirklich heiklen Fragen stellen. Dabei geht es um eine renaturierte Industriebrache in Dortmund.

"Göttliche Lage - eine Stadt erfindet sich neu" heißt die Dokumentation, in der Kinder die wirklich heiklen Fragen stellen. Dabei geht es um eine renaturierte Industriebrache in Dortmund.

Foto: filmwoche

38 Jahre, das sei ein stolzes Alter für ein Festival. Das sagte gestern Dezernent Thomas Krützberg bei der Programmpressekonferenz der Duisburger Filmwoche. Die Filmwoche sei ein Highlight der Stadt. Sie habe bundesweite, sogar internationale Ausstrahlung. Dem Festivalleiter Werner Ruzicka wünschte er alles Gute für dieses Jahr und die kommenden 38 Filmwochen-Jahre...

Vom 3. bis 9. November werden im Filmforum am Dellplatz insgesamt 27 Dokumentarfilme aus Deutschland, Österreich und der Schweiz im Beisein der Filmemacher gezeigt und anschließend diskutiert. "Gut gedeutet" ist in diesem Jahr das Motto des wohl bedeutendsten Dokumentarfilm-Festivals in Deutschland. "Jeder Film ist ein neuer Versuch, die Dinge zu deuten", hieß es gestern. Die Dokumentationen, die von morgens 10 Uhr bis gegen Mitternacht vorgestellt werden, haben sowohl thematisch als auch stilistisch ein weites Spektrum. Neben "Bildern aus der Wirklichkeit" werden auch Filme gezeigt, die man vor einigen Jahren nicht ohne Zögern zum dokumentarischen Genre gerechnet hätte. Das Magische oder bloß Mögliche interessiert heute durchaus Filmemacher, die sich selber als Dokumentaristen verstehen.

Doch haben auch die "klassischen" Dokumentarfilme beim Duisburger Festival einen Platz, darunter der Eröffnungsfilm, der am Montagabend nach den Eröffnungsreden gezeigt wird. Die Filmautoren Ulrike Franke und Michael Loeken haben mit der Kamera über fünf Jahre beobachtet, wie im Dortmunder Stadtteil Hörde die Brache des Stahlwerks Phoenix-Ost im neu geschaffenen Phoenix-See untergeht und neue Nachbarn und Ideen auf alteingesessene treffen. "Göttliche Lage - eine Stadt erfindet sich neu" heißt die Dokumentation, in der Kinder die wirklich heiklen Fragen stellen.

In Duisburg geht es zwar um deutschsprachige Produktionen, doch heißt das nicht, dass es nur um Mitteleuropa geht. Der Filmemacher Markus Lenz fand seinen Filmstoff beispielsweise in Venezuela: In Caracas wurde ein 40-stöckiges Bürohochhaus nie ganz fertiggestellt, da das Geld ausging. In der "Ruina", so der Filmtitel, leben nun Menschen aus den Armenvierteln. Sie bilden eine "vertikale" Gesellschaft mit eigenen Regeln und Problemen. Eine denkwürdige Facette einer gigantischen "Fehlinvestition". Volker Koepp (Jahrgang 1944) ist seit vielen Jahren regelmäßig Gast der Duisburger Filmwoche. Für seine jüngste Dokumentation "In Sarmatien" reiste er vom Kurischen Haff bis zum Schwarzen Meer, um Menschen in der konfliktreichen Region zu porträtieren. Dabei kann er auf eigene Filme aus den 80er Jahren zurückgreifen. Der Film ist eine aktuelle Reise in die filmische Vergangenheit des Dokumentaristen. Mit dem NSU-Prozess beschäftigt sich Soleen Yusef, die das "Protokoll des ersten Jahres" mit Schauspielern filmisch wiedergibt. Das Geschehen im Münchner Gerichtssaal, wo Beate Zschäpe und die gegenwärtige Nazi-Bewegung im Mittelpunkt stehen, möchte die Dokumentaristin anschaulich machen. Der Film wird bei der Filmwoche am Freitag, 7. November, 10 Uhr, uraufgeführt.

(RP)
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